"Wolke 4"

... ist ein Lied von Philipp Dittberner, dass passenderweise mein letztes Rallyewochenende mit Tina Wiegand in der Citroen Racing Trophy schön zusammenfasst – sinnentfremdet versteht sich. Obwohl man sich derzeit nur sehr schwer der Nummer entziehen kann, war sie mir bis dato völlig unbekannt. Auch Tina schien sie sehr zu mögen, denn sobald die ersten Takte des Liedes im Autoradio ertönten, fand sie schnell den Griff zum Lautstärkeregler.

"Ziemlich gut, wie wir das so gemeistert haben"
(1. Strophe - 1. Zeile)


In jeder Meisterschaft, an der man im Rallyesport teilnimmt, geht es am Ende um das Gleiche: Ins Ziel kommen und fleißig Punkte sammeln. Dies ist bei manchen Rallyes einfacher als bei anderen und direkt davon abhängig wie anspruchsvoll sich die Wertungsprüfungen (WPs) gestalten. Als einfach würde man sicherlich auch die Rallye Sulinger Land am letzten Wochenende bezeichnen, wenn es da nicht dieses sagenumwobene Rallyeparadies auf Erden geben würde.

In dem alten Munitionslager des IVG Geländes zwischen Liebenau und Steyerberg gibt es einen absoluten "Scharfrichter", der jedem Fahrer(in) gehörigen Respekt einflößt und ohne gute Ansagen des Beifahrers nur sehr schwer zu bewältigen ist. Doch das ist es, was dieses seltsame Volk von Rallyeverrückten immer will. Je schwieriger, desto besser. Und nach Sulingen kommt man eigentlich nur wegen des IVG Geländes. Mit fast 60 km im engen Irrgarten von Abzweigen, Mauerschluchten und Hausruinen durfte man sich erstmalig in dreifacher Ausführung und in unterschiedlichen Richtungen austoben.

"Wie wir die großen Tage unter kleinen Dingen begraben"
(1. Strophe - 2. Zeile)


Bei frühlingshaftem Wetter gingen Tina und ich mit der späten Startnummer 97 auf die Reise. Wir versuchten da anzusetzen, wo wir beim ersten Lauf im Saarland aufhörten. Später Bremsen, früher Beschleunigen und generell runder Fahren. Das wichtigste schien mir aber, das Tina gnadenloser und mit mehr Mut auf den Schotterabschnitten reinhalten sollte. Bessere Zeiten ergeben sich dann schon zwangsläufig von alleine und so setzten wir uns nach den ersten vier WPs auf "Wolke 7" fest. Doch obwohl wir eigentlich recht zügig unterwegs waren, stellte sich "Wolke 7" sehr bald als luftleerer Raum heraus. Nach hinten hatten wir bereits einen relativ großen Vorsprung den wir gut kontrollieren konnten. Um aber aus eigener Kraft mit den Jungs im Mittelfeld mitkämpfen zu können fehlt noch ein ganzes Stück. Es sei denn man hat Glück und profitiert von Ausfällen...

"Der Moment der die Wirklichkeit maskiert"
(1. Strophe - 3. Zeile)


Am Nachmittag versuchten wir unsere Zeiten vom ersten Durchgang zu verbessern. Allerdings litten wir unter einer immer stärker nachlassenden Bremse. Aus Budgetgründen kann Tina nicht das bessere Material der Konkurrenz fahren, sondern muss mit dem auskommen, was da ist. Dies erwies sich bei den unzähligen Abzweigen in und um Sulingen als klarer Nachteil. Auch der Motor des Citroen DS3 schaltete das ein oder andere Mal ohne Vorwarnung in das Notprogramm, so dass sich unser Vorhaben als äußerst schwierig erwies. Wir machten aber trotzdem noch das Beste aus der Situation und blieben auf "Wolke 7".

Im Service "gönnten" uns die Jungs von Schmack Motorsport dann runderneuerte Bremsen inklusive den guten Belegen der Konkurrenz. Und von da an lief es viel besser. Tina hatte nun mehr Vertrauen in die Bremspunkte und ich sorgte mit meinen Ansagen dafür, dass sie viel später gesetzt wurden. Hinzu kam, dass Tina sich ihrer Angst vor schnellen Kurven stellte und sich langsam ans Limit von Auto und Reifen kämpfte.

"Es tut nur gut zu wissen, dass das wirklich funktioniert"
(1. Strophe - 4. Zeile)


Der Rallyesport ist erbarmungslos, wenn es um die Technik geht und noch erbarmungsloser, wenn man über das persönliche Limit fährt. Die Plätze 4 bis 6 waren in der Trophy hart umkämpft. So hart, das am Ende niemand übrig blieb. Profiteure dieses Kampfes waren alle Teams die sich dahinter befanden. Und so kletterten Tina und ich unverhofft und ohne Kampf (aber mit Kopf) am Ende eines langen Tages von "Wolke 7" auf "Wolke 4" hinab, da wo es laut Philipp Dettberner eh schöner ist. Fanden wir auch.

"Lass uns die Wolke 4 bitte nie mehr verlassen
Weil wir auf Wolke 7 viel zu viel verpassen"

(Refrain)


In der Gesamtwertung der Citroen Racing Trophy liegen wir nun die nächsten 4 Wochen auf einem tollen 3. Platz. Hoffen wir das dies keine Momentaufnahme ist.