Titelentscheidungen gefallen


Wir waren das einzige Team in der HJS-Diesel Rallye Masters, das die Titelvergabe noch hätte verhindern können. 30 Punkte betrug der Vorsprung von Björn Mohr und Oliver Becker. Ein 6. Platz bei der 3. ADAC Ostsee Rallye am letzten Wochenende hätte ihnen genügt, um den Kampf um den Titel vorzeitig für sich zu entscheiden. In Anbetracht der Tatsache, dass wir dafür hätten gewinnen müssen, sahen wir unsere Chancen mit einer gesunden Portion kämpferischen Realismus. Realistisch, weil wir wussten, wie schwierig es werden würde diese Rallye zu gewinnen. Kämpferisch, weil wir es dem Team Mohr/Becker dann doch nicht ganz so einfach machen wollten...

Eigentlich versprach der Wetterbericht schönes Wetter für den Veranstaltungstag. Allerdings vernahmen meine Augen eher ein "Grau in Grau" mit Aussicht auf Regen, als sie morgens aus dem Schlafsack schauten und meine Stimmung etwas in den Keller sinken liessen. Thomas hingegen war schon das ganze Wochenende gut drauf und beschloss, wie alle anderen HJS-Teilnehmer auch, die Rallye auf Slicks zu beginnen. Unerwarteterweise überzog die hohe Luftfeuchtigkeit der Ostsee die glatte Asphaltoberfläche mit einem Film, und machte die ersten beiden Wertungsprüfungen "Heiligenhafen" und "Klingstein" zu einer schmierigen Angelegenheit. Wir riskierten nicht allzu viel und fuhren mit kontrolliertem Schaum zweimal die drittbeste Zeit. Anschliessend ging es für uns auf den Truppenübungsplatz "Putlos". Mit 19 km, war sie die längste WP der gesamten Rallye und ein großer Spielplatz für Rallyefahrer zugleich. Ganz so unübersichtlich, wie mir im Vorfeld der Rallye berichtet wurde, empfand ich sie persönlich dann aber nicht... schön war sie trotzdem. Wir fuhren Bestzeit! 0,2 Sekunden schneller als der Führende Holger Knöbel im Opel, setzten wir uns damit auf dem 2. Platz fest.

Vor dem Regrouping des ersten Service dann eine Schrecksekunde. Beim Rangieren blockierte plötzlich der Rückwärtsgang und konnte nicht mehr in den Leerlauf gebracht werden. Während wir uns rückwärts in die wartende Fahrzeugschlange vor der Zeitkontrolle (ZK) einordnen mussten, versuchte Thomas wie verrückt die Ursache zu finden. Nach fünf hektischen Minuten stellte er fest, dass sich eine Schraube im Getriebegehäuse verkeilte und löste das Problem schliesslich mit dem mitgeführten Bordwerkzeug. Guter Junge...

Während des anschliessenden 20 minütigen Service fing es an zu regnen. Reifenlotterie. Wir setzten auf den weichen Intermediate vorne und härteren Slick hinten und fuhren neubereift in die zweite Schleife, sprich die selben WPs vom Morgen. Obwohl wir deutlich schneller als beim ersten mal waren, konnten wir auf allen drei WPs nur die viertbeste Zeit erzielen. Vorjahresmeister Holger Knöbel vergrösserte seinen Vorsprung nach sechs gefahrenen WPs auf bereits 21 Sekunden. Mit 5 Sekunden Vorsprung auf Björn Mohr konnten wir uns jedoch noch auf dem 2. Platz liegend in den Mittagsservice retten. Mohr selbst war zu diesem Zeitpunkt klar auf Titelkurs.

Mit einsetzendem Sonnenschein wurde unser Diesel-Golf lediglich auf Slicks umgerüstet, die Scheiben geputzt und... ja das war es schon. Klassischer Service bei Toro-Motorsport, weil es überhaupt keine Probleme gab. Nach einem Jahr geht der Golf inzwischen richtig gut und Thomas kommt spürbar immer besser mit ihm zurecht. Auf der Zufahrt zur nächsten WP beriet ich mit ihm die weiterführende Strategie. Er meinte, dass ihm die Nachmittagsprüfungen besser liegen würden und wenn er das Gefühl hat sicher attackieren zu können, dann wolle er dies auch tun. Während wir diskutierten sahen wir am Strassenrand den Opel von Mohr/Becker stehen. Probleme mit der Antriebswelle sollten das Unternehmen Titelgewinn für die beiden von nun an sehr schwierig gestalten, da sie nur noch vorsichtig weiterfahren konnten. Wir schöpften Hoffnung...

Wegen kurzfristiger Bedenken der Anwohner musste die WP "Bekkate" vom Veranstalter in zwei Abschnitte geteilt werden. In der Summe verloren wir weitere 8 Sekunden auf Knöbel, während Mohr auf den 7. Platz abrutschte. Nach diesem Stand hätte der Titel vertagt werden müssen. Neuer dritter war unser Markenkollege Konstantin Keil, der mit zweitbesten Zeiten versuchte seinen Rückstand nach zwei Drehern aufzuholen.

Auf die folgende WP 8 in "Sandfeld" freute sich Thomas ganz besonders. Ein Rundkurs ganz nach seinem Geschmack und von dem er schon beim Recce schwärmte. Wir attackierten und waren uns ziemlich sicher, dass dies zu einer weiteren Bestzeit gereicht haben muss. 5 Sekunden schneller als Keil und sogar 8 schneller als Knöbel. Allerdings gaben wir von diesem Bonus auf der folgenden WP "Testorf" erneut wieder 4,5 Sekunden ab. Bevor es nach einem weiteren Service auf den Zuschauerrundkurs im Hafen von Neustadt ging, betrug unser Rückstand auf Knöbel 25 Sekunden. Björn Mohr hatte inzwischen eine neue Antriebswelle und konnte mit neu gespitzter Waffe wieder aktiv in den Titelkampf eingreifen. Das alles änderte aber nichts daran, dass es sehr hektisch für uns auf dem Rundkurs werden sollte.

Thomas war noch nicht einmal richtig angeschnallt, geschweige denn fertig vorbereitet, da wurden wir schon ohne echte Startzeit auf die Strecke geschickt. Die Fenster mussten dann eben in der ersten von fünf Runden geschlossen werden, die Gurte in der zweiten. Dass man so nicht wirklich konzentriert einen Angriff auf die Spitze wagen kann, ist denke ich selbsterklärend. Zu unserer Überraschung fuhren wir trotzdem eine deutliche Bestzeit und reduzierten unseren Rückstand auf 15,2 Sekunden. Doch selbst die aufzuholen schien uns nicht mehr möglich zu sein. Zwar konnten wir auf dem bereits erwähnten Rundkurs "Sandfeld" mit der 8. Gesamtzeit erneut ein echtes Highlight setzen; ansonsten war der 2. Platz das maximale was an diesem Tag für uns zu erreichen war. Bleibt die Frage der Titelentscheidung.

Durch den Ausfall von Konstantin Keil auf WP 12 rückte Björn Mohr auf den 6. Platz vor und sicherte sich verdient den diesjährigen Meistertitel der HJS-DRM. Herzlichen Glückwunsch Björn und Oliver zu dieser feinen Leistung. Gerne hätten wir die Titelentscheidung auf die 3-Städte-Rallye vertagt, doch dem Ausfall bei der Erzgebirge Rallye zu Beginn des Jahres fuhren wir vergeblich hinterher. Trotzalledem hatten wir aber auch ein bisschen was zu feiern. Wir sicherten uns vorzeitig den Titel in der HJS-Juniorwertung und festigten unseren 2. Platz in der HJS-DRM und dem ADAC Junior Cup.

Bei der nächsten Veranstaltung der Saar-Pfalz Rallye werde ich Thomas leider nicht den Weg weisen können, da ich beruflich verhindert bin. Ich werde jedoch in Gedanken bei meinem Team sein und ihnen feste die Daumen drücken. Hals und Beinbruch.