Reset 2014?
“I spent my time watching the spaces that have grown between us and
I cut my mind on second best, the scars that come with the greenness.
I gave my eyes to the boredom, still the seabed would not let me in and
I try my best to embrace the darkness in which I swim.”
Ben Howard
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Die besinnliche Vorweihnachtszeit, das ungemütliche Wetter und die kurzen Tage lassen viele Menschen zusammenrücken. Ich hingegen musste endlich mal raus und entwickelte im Laufe des Jahres eine Form des Fernwehs und der Selbstreflexion, wie ich sie seit Jahren nicht mehr verspürte. Wohl auch, um dem letzten Jahr doch noch was Positives zu entlocken, neue Energien zu tanken und vielleicht auch herauszufinden, was ich eigentlich will. Zu wissen, was man nicht will ist dafür schon mal ein guter Ansatz.
Man kann sein Leben noch so gut und planen, aber das bedeutet nicht, dass die Dinge dann auch so passieren. Am Ende kommt man zu dem Schluss, dass man in seinem Handeln doch eigentlich ziemlich beschränkt ist. Man kann vielleicht hier was in die Wege leiten, da was anschieben und dabei möglicherweise das Eine oder Andere beeinflussen - aber das bedeutet gar nichts. Man hat das nicht unter Kontrolle, weil man irgendwie immer auch auf die Entscheidung anderer angewiesen ist. Und deshalb gibt es keine Garantien und nichts ist sicher in dieser Welt. Normalerweise beherrschen wir unser Umfeld, zumindest meistens. Wir können entscheiden, ob wir hier oder dort hingehen, aber irgendwann haben wir uns etabliert und von da an hat unser Umfeld starken Anteil an unserer Persönlichkeit, an unseren Gewohnheiten und an unserer Denkweise. Wir sind soziale Wesen und brauchen die Interaktion mit anderen. Deshalb sind Beziehungen so wichtig, so wesentlich für unser Dasein. Wenn du niemanden hast und nie mit jemanden reden kannst, wird deine ganze Wahrnehmung von der Welt ziemlich verzerrt. Und deshalb sollte man nie aufgeben und weiter kämpfen. Man darf nicht akzeptieren, dass das alles war. Kämpfe für etwas besseres - in jeder Beziehung und dem nächsten Jahr.
Ich möchte mich an dieser Stelle recht herzlich bei meiner Familie, meinen Freunden und Kollegen bedanken, die mich durch dieses schwierige Jahr begleiteten und für mich da waren, wenn es besonders notwendig schien. Ich wünsche Euch ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest im Kreise Eurer Lieben. Möget Ihr alle gesund und munter ins neue Jahr rutschen. Wir sehen uns…
Siegreiche Regenschlacht
Mit ungläubigen und staunenden Gesichtern standen alle Teams da, versunken im Schlamm des Serviceplatzes in Pößneck der Rallye Thüringen. Monsoonartige Regenfälle sorgten für ein Chaos in der Region, das auch die Veranstalter der Rallye ins Wanken brachte. Wir dagegen freuten uns wie Regenkönige auf die bevorstehende Herausforderung, denn es war "Veitwetter"…
Schon beim Shakedown am Donnerstagabend hatten wir ein gutes Gefühl und konnten das neue Dogring-Getriebe vom Swift auf Herz und Nieren prüfen. Alles funktionierte tadellos. Das einzige Problem bereitete uns wieder einmal die Gegensprechanlage. Da Veit und ich zwei verschiedene Systeme in unseren Helmen verbaut haben, gibt es noch immer zu viele Nebengeräusche in Veits Ohren. Wir testeten verschiedene Lösungen, um diese aus meinem Mikro zu filtern, damit er meine Ansagen klarer und deutlicher verstehen kann - doch ohne Erfolg. Für die Rallye musste es daher vorerst wie gewohnt "funktionieren".
Die erste Wertungsprüfung (WP) war der Zuschauerrundkurs mit Gruppenstart in Pößnecks Innenstadt. Als zweites Fahrzeug unserer Gruppe konnten wir zügig ans 10 Sekunden vor uns gestartete Honda Civic Team aus Tschechien heranfahren und kurze Zeit später überholen. Doch dann verbremste sich Veit bei der Zufahrt zu einem Kreisverkehr und produzierte einen Dreher, den er jedoch meisterlich abfangen konnte. Der Civic ging wieder vorbei. Also erneute Attacke richtig Spitze, die wir am Ende mit der ersten Bestzeit übernehmen konnten.
Der eigentliche Scharfrichter wartete jedoch noch auf uns. Die 17 km lange Nacht-WP "Remptendorf", die uns bei wieder stark einsetzendem Regen gehörig Respekt einflößte. Veit meinte zu mir, er wolle nichts riskieren und hätte keine Lust das Auto irgendwo im thüringischen Unterholz zu versenken und kontrolliert und ohne Risiko durchfahren. Mit dem Ergebnis: klare Klassenbest- und 14. Gesamtzeit. Erklären konnte wir uns dieses Ergebnis nach unserer Stotterfahrt selbst nicht…
Im anschließenden Freitagsservice versuchten wir einen anderen Helm für mich und die Samstagsetappe zu organisieren. Hilfe fand sich in Daniel Herzig, seines Zeichens selbst Copilot, der an diesem Wochenende ohne Beschäftigung war, und mir freundlicherweise seinen Helm überließ und es uns so ermöglichte im Auto besser kommunizieren zu können. Vielen Dank dafür Daniel.
Der Samstag gestaltete sich genauso regnerisch wie die Tage zuvor, die "Susi" lief problemlos und wir hörten nicht auf weitere Bestzeiten zu setzen. Am Ende sollten wir alle WPs der Rallye gewinnen und einen unangefochtenen Klassensieg und feinen 15. Gesamtrang nach Hause fahren. Unser erster Sieg nach einer Durststrecke von eineinhalb Jahren war die Belohnung für die harte Arbeit des gesamten Suzuki-KKL Teams während der langen Entwicklungszeit.
Einen kleinen faden Beigeschmack hatte die Rallye allerdings für uns. Da wir Markus Moufang und Hartmut Walch im bärenstarken BMW M3 auf dem langen Runskurs "Pößneck Nord" stark behinderten, indem wir die Rennlinie für sie nicht frei machten und ihnen damit keine Möglichkeit gaben an uns vorbei zu fahren, mussten wir uns anschließend herbe Kritik von vielen Seiten gefallen lassen. Doch da weder Veit noch ich von der Situation etwas mitbekommen haben, blieb uns nichts anderes übrig als uns dafür bei Beiden zu entschuldigen. Darauf erwiderte Markus Moufang zu Veit: "Beim nächsten Mal schiebe ich Dich in den Wald…". Unsere Entschuldigung schien damit nur bedingt akzeptiert worden zu sein.
Sicherlich war unser Verhalten sportlich nicht fair, aber ist das ein Grund sportlich "faire" Drohungen auszusprechen? Wir werden von nun an vor Rundkursen unseren Aufschrieb mit einer kleinen Notiz ergänzen: Rückspiegel!
Es fehlte nur der "i" Punkt
Eineinhalb Jahre ist es her, dass Veit König und ich das letzte Mal gemeinsam bei einer Rallye am Start waren. Unsere Rückkehr mussten wir leider immer wieder verschieben, da sich die Premiere unseres neuen Suzuki Swift Sports aufgrund von Konstruktionsfehlern der Nockenwellen und zusätzlichen Auslieferungsschwierigkeiten immer wieder verzögerte. Dass wir am letzten Wochenende bei der AvD Sachsen Rallye in Zwickau überhaupt starten konnten, glich eigentlich einem Wunder...
Erst am Donnerstagmorgen konnten sich unsere Servicemechaniker Mike, Ronny und Stefan mit Werkstattwagen, Anhänger und Swift auf den Weg von Zschopau nach Wien machen, um die neuen Nockenwellen zu verbauen und den Motor mit neuem Mapping auf dem Prüfstand korrekt einzustellen. Veit und ich reisten derweil in Zwickau alleine an und kümmerten uns um Reifen und Felgen. Ob diese allerdings zum Einsatz kommen und es unsere Jungs rechtzeitig zur Technischen Abnahme am Freitag zurückschaffen würden, wussten wir bis dato noch nicht. Am liebsten wäre uns eine Standleitung nach Österreich gewesen, um immer wieder auf dem aktuellsten Stand der Dinge gehalten zu werden. Glücklicherweise kamen im Laufe des Abends immer wieder positive Nachrichten aus Wien rein: Nockenwellen sind da - Motor läuft - 170 PS - Wir fahren jetzt los! - Sind morgen früh da. Wir konnten beruhigt schlafen gehen.
Mit dem verbesserten Aufschrieb von 2011 im Gepäck und ohne einen Meter zu testen, setzten wir uns ins Auto und rollten über die Startrampe. Veit konnte es kaum glauben, dass er wieder einmal eine Rallye fahren würde und steckte mich mit seiner Vorfreude an. Und auf einmal war alles wieder wie früher. Druck hatten wir uns von vornherein keinen gemacht, denn wir wollten einfach unseren Stiefel fahren, langsam ans Auto und Limit herantasten und Spaß haben. Unseren Gesichtern im Ziel der ersten WP zufolge schienen wir den auch zu haben, denn nach all der Zeit konnten wir mit gerade einmal zwei Sekunden Rückstand auf die Bestzeit eine tollen Einstand abliefern und in Sicherheit wägen, dass der Swift erst mal läuft. Und wie gut er wirklich läuft, konnten wir anschließend auf dem Rundkurs der "Glück auf Brücke" sehen. Mit zwei klaren Bestzeiten in Folge übernahmen wir in unserer, mit 21 Fahrzeugen, am stärksten besetzten Klasse des Feldes die Führung.
Auf der Verbindungsetappe zur abschliessenden 17 km langen Nachtprüfung "Crinitzberg 2" stellten wir allerdings fest, dass die Geräuschkulisse im Innern des Autos irgendwie lauter war. Zudem fiel die Bordlampe aus und wir hatten permanente Probleme mit der Gegensprechanlage, die wir nicht richtig lokalisieren konnten. Und so meinte Veit vor dem Start nur zu mir: "Du musst mich jetzt richtig anbläken!" Und das tat ich dann auch. Mit meiner kleinen Ersatzstirnlampe unterm Helm brüllte ich so laut ins Mikro, dass mir zwischendurch fast die Stimme versagte und Veit beinahe einen Lachkrampf bekommen hätte (ich im Übrigen auch). Mit der drittbesten Zeit konnten wir unsere Führung behaupten und uns mit 8 Sekunden Vorsprung in leichter Bierlaune aufs Ohr hauen.
Am Samstagmorgen sorgte leichter Regen für zusätzliche Würze bei unserer Jagd nach Bestzeiten. Doch Veit ließ sich davon nicht beirren. Zweimal in Folge stand erneut die "Eins" vor unseren Namen in der Zeitenliste. Unser Vorsprung lag nun bei 20 Sekunden. Doch die Geräusche im Auto machten uns immer mehr Sorgen. Im Service diagnostizierten die Mechaniker einen Lagerschaden im Seriengetriebe, dass scheinbar nicht mehr mit der Mehrleistung des Motors zurecht kam. Obwohl wir wussten, dass wir das Ziel der Veranstaltung nicht mehr sehen würden, entschieden wir uns noch eine weitere Runde zu fahren.
Der Rundkurs "Neuschönburg 2" sollte unsere Galavorstellung schließlich beenden, denn im Ziel verabschiedete sich zuerst der erste Gang und auf dem Rückweg zum Service weitere Teile der Schaltkulisse. Wir entschieden uns, nach 5 von 8 möglichen Bestzeiten und mit einer 31 Sekunden Führung, im Service aufzuhören und die Bordkarte abzugeben.
Dass wir daraufhin etwas enttäuscht waren steht außer Frage, aber wenn man bedenkt, wie lange Veit keine Rallye mehr gefahren ist und wir vor dem Start noch nicht einmal sicher waren überhaupt fahren zu können, nahmen wir unseren Ausfall problemlos hin. Dass wir mit unserem neuen Motor außerdem einen gewissen Vorteil gegen unsere schwächer motorisierte Konkurrenz hatten, ist auch klar. Aber wie meinte es Veit so schön: "Um mit der Jugend mithalten zu können, bedarf es ab eines gewissen Alters besondere Maßnahmen." Und die haben wir bei der Sachsen Rallye eindrucksvoll bewiesen und für die Zukunft weitere Pfeile im Köcher. Ein neues geradverzahntes Getriebe muss nur noch zusammengebaut werden und dann geht der Spass in Pössneck bei der Thüringen Rallye weiter.
Ein großes "Dankeschön" an die gesamte Mannschaft von König-Rallyesport, die mit ihrem selbstlosen Einsatz es uns ermöglichten unseren Start zu realisieren und im Ziel jeder beendeten WP ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Ihr seid spitze Jungs.
Hessische Schlammpackung
Nach den zahlreichen winterlichen Veranstaltungen, hoffte die gesamte deutsche Rallyeszene am letzten Wochenende endlich auf "normale" Bedingungen zur Rallye Vogelsberg in Hessen. Die gab es aber auch hier nicht. Immer wieder sorgten heftige Regenschauer und der komplett aufgeweichte Boden für teilweise irreguläre Bedingungen. Für Michael war es damit die dritte Veranstaltung unter schwierigsten Bedingungen und erneut konnte er auf keinerlei Erfahrungswerte zurückgreifen. Alle im Team von HWR-Motorsport waren ein bisschen nervös und gespannt, wie er sich denn aus der Affäre ziehen würde. Auch ich…
Gleich die erste superschnelle und enge Wertungsprüfung (WP) Fuldatal hatte es in sich. Die ausgefahrenen "cuts" machten jede Kurve zu einer schmierigen und schlammigen Angelegenheit. Wir korrigierten unseren Aufschrieb entsprechend und konnten mit der vierten Zeit einen recht guten Start hinlegen. Beim anschließenden Klassiker, dem Rundkurs in Willofs, wollte Michael allerdings angreifen. Und das machte er auch ganz ordentlich. Leider liefen wir in der zweiten Runde auf Tina Wiegand auf und verloren ein paar Sekunden. Dritte Zeit und Michael war begeistert wie der aufgeschnittene Intermediate Reifen von Pirelli unter den Bedingungen funktionierte und fuhr ihn die komplette Rallye weiter.
Im Service gab es keinerlei Probleme zu berichten und so ging es in die Nachtschleife auf die selben zwei Freitag WPs. Problemlos über Fuldatal und erneut angriffslustig in Willofs, wo wir diesmal die "Citrola" richtig fliegen ließen. Einmal allerdings etwas zu viel. 10 Sekunden verloren wir bei unserem Ausritt in den Acker und 3 weitere erneut hinter Tina Wiegand, die diesmal aber technische Probleme hatte. Im Ziel betrug unser Rückstand 10 Sekunden. Eine Bestzeit wäre hier drin gewesen.
Nach einer sehr kurzen Nacht mit 4 Stunden Schlaf ging es am Samstagmorgen weiter. Michael schien sich langsam einzufahren, wurde immer schneller und konnte seinen Rückstand auf den drittplatzierten Dark Liebehenschel halten. Beim zweiten Durchgang in Feldatal wollte er es dann wissen. Volle Attacke mit dem Resultat: 2-mal verbremst und einmal viel zu schnell in eine Doppelachtung-Linkskehre kurz vor dem Ziel. Ein Abflug über einen Graben hinweg und durch die Büsche auf eine kleine Wiese waren die Folge. Glücklicherweise sind die Büsche vorher gestutzt worden, sonst hätte es wohl deutlich mehr Schaden am Auto gegeben. Unser Rückstand trotz der Fehler lag bei 40 Sekunden. Auch hier wäre sicherlich eine Topzeit im Bereich des Möglichen gewesen. Der Schaden an der Front konnte im Service gerichtet werden.
Michael ärgerte sich über den Abflug und schimpfte mit sich selbst. Besonnen entschieden wir uns dazu, von nun an nichts mehr zu riskieren, da wir aus eigener Kraft nach vorne nichts mehr ausrichten konnten und nach hinten bereits 3 Minuten Luft hatten.
Auf dem sicheren 4. Platz der Trophy und dem 7. Platz in der Divisionswertung konnten wir eine äußerst anspruchsvolle Rallye beenden und unseren 4. Platz in der Citroen DS3 R1 Trophy festigen. Speziell für mich war es wichtig zu sehen, wie gut Michael wirklich ist. Talent und Coolness hat er, lernfähig und motiviert ist er und das familiäre Umfeld von HWR Motorsport stimmt auch. Allerdings muss er noch konstanter werden. Doch das wird kommen… hoffe ich.
Wikinger Chaos(s)tage
Man trifft sich immer zweimal im Leben… Die erfahrene Beifahrerin Tanja Geilhausen kenne ich noch aus meiner Zeit im Suzuki Rallye Cup und erinnere mich noch gerne an unsere interessanten und offenen Gespräche während und nach den Rallyes zurück. Heute betreut sie zusammen mit Ehemann und Rallyefahrer Sven Haaf und der Pro-Drivers Automotive Event Agentur die in diesem Jahr erstmals ausgetragene Citroen DS3 D1 Trophy.
Nach dem ersten Lauf der Trophy erhielt ich einen Anruf von ihr. Sie hätte da einen 20-jährigen Fahrer, der vor allem auf Rundkursen mit beeindruckenden Zeiten auf sich aufmerksam machte, aber eindeutig noch Probleme zu haben schien, wenn es auf die normalen Wertungsprüfungen ging, wo das Vertrauen in Aufschrieb und Beifahrer um ein vielfaches höher ist. Michael Wolters kommt eigentlich vom Rundstreckensport, was zumindest seine Stärke auf Rundkursen erklärt, und entschied sich im Laufe des letzten Jahres zum Rallyesport zu wechseln. Die Initiative verschiedener Automobilkonzerne in Deutschland einen eigenen Cup durchzuführen, kam ihm dabei ganz gelegen. Um Erfahrungen zu sammeln und sein Talent zu zeigen, fiel seine Entscheidung schließlich pro Citroen Trophy. Der Kontakt zu ihm war schnell hergestellt und wir einigten uns auf vorerst zwei Veranstaltungen mit der Option auf weitere gemeinsame Einsätze. Unsere erste gemeinsame Rallye: die Wikinger Rallye 2013, an die sich Teilnehmer und Veranstalter noch ein Leben lang erinnern werden…
Von der perfekten Organisation der Wikinger Rallye und ihren tollen Strecken habe ich bisher immer nur Gutes gehört. Doch der Frühling, der eigentlich ein Winter sein möchte, hielt auch die norddeutschen Angeln fest in seinem eisigen Bann. Schon im Vorfeld hatten die Veranstalter mit den Wetterbedingungen zu kämpfen und die Wertungsprüfungen (WP) im befahrbaren Zustand zu halten. Orkanartige Ostwinde mit Schneefall sorgten für bis zu zwei Meter hohe Schneeverwehungen, die sich wenn, dann nur mit schwerem Einsatzgerat kontrollieren ließen. Dass dies keine einfache Rallye für uns werden würde, war von daher schon beim Abfahren klar.
Vor dem Freitagstart entschieden wir uns für eine eher defensive Strategie. Zum einen, weil Michael keine Erfahrung unter diesen Bedingungen hatte (Wer hat die schon?) und zum anderen, weil wir hofften, dass sich unsere Konkurrenten irgendwann selbst ins Aus manövrieren würden. Dementsprechend fuhren wir am Anfang noch sehr vorsichtig und verhalten. Allerdings steigerte sich Michael auch zusehends und konnte trotz eines zeitraubenden Ausrutschers im Dunkeln 16 Sekunden schneller fahren als im Hellen. Im Vergleich zu den starken Auftritten eines Julius Tannerts, Felix Herbolds oder Philip Knofs, verpuffte die Leistung jedoch etwas. Was diese drei für Zeiten in die Schneewehen frästen zollte allen, die den Freitag "überlebten" hohen Respekt ab. Die Frage die mich über Nacht beschäftigte war, wie lange das noch gut gehen würde…
Um es vorweg zu nehmen. Für die drei ging es gut - für uns hingegen nicht. 6 Minuten steckten wir auf der ersten WP am Samstagmorgen im Schnee fest. Wie ein Irrer schaufelte ich immer mehr Schnee unter dem Auto hervor. Doch es tat sich nichts – bis endlich Hilfe durch vier Zuschauer kam. Gemeinsam schafften wir es den Citroen zu befreien. Wegen Unbefahrbarkeit wurden die darauffolgenden drei WPs abgesagt. Die ewig lange Mittagspause verkürzte ich mir durch ein kleines und wohlverdientes Nickerchen.
Unsere Unglücks-WP musste am Nachmittag ein zweites mal gefahren werden und Michael wollte noch das Beste aus der Rallye mitnehmen und die restlichen WPs nutzen, um Dinge auszuprobieren. Ich empfahl ihm mehr mit der Handbremse zu arbeiten, um das Auto in den Kurven besser und sicherer zu positionieren. Obwohl er vorher die Handbremse immer nur zum Parken nutzte, verstand er das Prinzip ziemlich schnell. Allerdings wurde unser Vordrang jäh gestoppt, nachdem sich ein Fahrzeug vor uns in einer Schneewehe festfuhr, die Strecke blockierte und erst durch einen Traktor geborgen werden musste. Ironie des Schicksals: einen Kilometer später brauchten wir den selben Traktor für unsere eigene Bergung. Wahrscheinlich nur eine von vielen Anekdoten, die diese Rallye schrieb.
Aus Sicherheitsgründen entschied die Rallyeleitung nur noch die zwei Stadtrundkurse in Süderbrarup fahren zu lassen. Ich war gespannt, wie sich Michael bei seiner „Spezialität" anstellen würde. Und siehe da, sobald die Reifen etwas Haftung aufbauen, gibt es für ihn kein Halten mehr. Wir verloren zwar etwas Zeit nachdem wir uns mit kalten Reifen verbremsten und frontal gegen einen Verkehrspiegel fuhren, aber den Rest schien er voll unter Kontrolle zu haben. Im zweiten Durchgang konnte wir auf einen besseren Reifen wechseln und noch einmal mit einer drittbesten Zeit aufhorchen lassen.
Am Ende reichte es für uns zu einem fünften Platz in der Trophy-Wertung. Doch das war eigentlich völlig nebensächlich, denn letztendlich war jeder der das Ziel erreichte ein wahrer Wikinger. Und der grösste von ihnen war der Veranstalter selbst, weil er um die Durchführung jeder einzelnen Prüfung gekämpft hat und alles mögliche versuchte Herr der Lage zu werden. Auch die Weitsicht zu haben und im Sinne der Teams zu wissen, wann man aufhören soll, kann man ihm nicht hoch genug anrechnen.
”WIKINGER RALLYE 2013 : ICH WAR DABEI”