2015

"Rückzug"

Es liegt in den Menschen eine tiefe Sehnsucht
nach absoluter Wahrhaftigkeit. Und wo sie diese finden,
da zieht es sie nach einem inneren Gesetz unwiderstehlich hin.


Friedrich Karl Oehler
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Während des letzten Jahres spürte ich zugegebenermaßen eine immer größere und wachsende Verunsicherung in mir. Geschürt durch die Umstände, dass ich nicht mehr wirklich wusste, was ich glauben kann und was nicht. Als Wissenschaftler glaubt man in erster Linie an Beweise und Fakten, aber im Laufe der Zeit musste ich feststellen, dass ich noch etwas anderes in der Wahrhaftigkeit suchen muss...

Das Problem ist, dass der Wahrhaftigkeit nicht nur die Wahrheit oder Falschheit einer Aussage innewohnt, sondern auch, wie ich mich zu dieser verhalte. Sei es als Mitglied des gesellschaftlichen Lebens, im Beruf oder in der eigenen Familie. Niemand möchte willentlich getäuscht, verunsichert oder belogen werden. Man sollte daher immer offen sein, der anderen Seite zuzuhören, denn mit Sicherheit ist Deine eine andere als meine Wahrheit.

Im Idealfall basiert die eigene Wahrheit auf Wissen. In der Realität sind es wohl eher Informationen. Informationen, die sich in einem Schmelztiegel aus unseren individuellen Erfahrungen, unserer Erziehung und unserem Umfeld vermischen. Den Schmelztiegel bezeichnet man dann als Meinung. Um die eigene Meinung mit vermeintlichem Wissen zu ergänzen, hat der Mensch im Laufe seiner Evolution Wege gefunden, die eigene Wahrheit zu vermitteln und wenn möglich abzugleichen. Aber in der Fähigkeit zu kommunizieren liegt ein großes Problem, denn wir leben in einer Zeit der globalen Überkommunikation, in der es immer schwieriger wird herauszufiltern, was wahr ist und was nicht. Was bleibt sind Verwirrung und offene Fragen, die keine eigene Meinungsbildung mehr zulassen.

Die eigene nur begrenzt zur Verfügung stehende Zeit auf diesem Planeten und vielleicht auch die gesellschaftlichen Zwänge in einer chaotischen Welt, hindern uns daran all die Informationen, die auf uns hereinprasseln zu überprüfen. Genervt ziehen wir uns zurück und bauen auf das persönliche Umfeld, dem man in irgendeiner Art und Weise vertraut. Dort wo uns Zusammenhänge plausibel und verständlich erklärt werden können. Ob das dann der Wahrheit entspricht, ist dann nicht mehr so wichtig, aber es ist wahrhaftig und stimmt einen zumindest etwas zufriedener...

Trotz der Widerentdeckung des Weltschmerzes, kann ich sagen, dass es für mich ein großartiges und wunderbares Jahr war. Mein Dank gebührt, neben meinen langjährigen Lebensrückhalten, diesmal vorrangig den neuen Menschen in meinem Leben, die ich dieses Jahr kennen und schätzen lernen durfte. Es ist verrückt, aber diese hier alle aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen. Wenn Ihr jedoch einmal tief in Euch hineinhorcht und an unsere gemeinsamen Stunden und Erlebnisse zurück denkt, dann wird der Eine oder Andere wissen, dass er in diesem Moment gemeint ist.

Ich wünsche Euch allen ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Wir sehen uns.

Heimspiel

Eine echte Heimrallye konnte ich das letzte Mal 2006 genießen. Die Tatsache, dass Motorsport in und um der Hauptstadt unserer Republik ein Schattendasein lebt, zwingt mich immer wieder aufs neue meine Sachen zu packen und den nächsten Zug in die Richtung zu nehmen, in der Rallyesport noch "akzeptiert" wird. Umso schöner der Umstand, dass ich mein diesjähriges Finale, die Havellandrallye, direkt von meiner Arbeitsstelle aus erreichen konnte und ich mich über 20 km Anfahrtsweg nicht zu beschweren brauchte.

Nach drei Monaten Pause chauffierte mich diesmal wieder Dark Liebehenschel im schwarzen Citroën C2R2 Max über die, nach 3 Tagen ununterbrochenen Regens, völlig aufgeweichten und schmierigen Platten- und Schotterwege südwestlich der Spargelhochburg Beelitz. Vier Wertungsprüfungen (WP) galt es jeweils zweimal zu absolvieren, wobei die letzten drei Durchgänge bei absoluter Dunkelheit gefahren werden mussten. Als einziges Fahrzeug unserer Klasse wurden wir mit der nächsthöheren, leistungsstärkeren Klasse zusammengelegt. Wir nahmen dies unvermittelt zur Kenntnis, denn wir wollten bestes Fahrzeug mit Frontantrieb werden und um das zu erreichen hätten wir unsere neuen Konkurrenten eben auch schlagen müssen.

Auf der ersten 8 km langen WP "Neuendorf" wollten wir es "ruhig" angehen lassen. Das sollte uns aber nicht daran hindern nach einer langen Geraden einen Abzweig zu spät anzubremsen, notdürftig mit der Handbremse zu retten, um 500 m später auch einen kleinen Ausritt ins Feld unbeschadet zu überstehen. Wir verloren 5 Sekunden auf das stark fahrende Team Marek Goldblohm und René Sommer im Golf 3 GTI. Auf der folgenden WP "Nichel" konnten wir unseren Rückstand in einen Vorsprung von einer Sekunde wieder ummünzen. Auf dem anschließenden Rundkurs "Brück" hatten wir eine weitere Schrecksekunde, als das nervöse Heck des Citroëns an der schnellsten Passage unerwartet ausbrach und wir die weite Auslaufzone des benachbarten Feldes nutzen mussten, um weiteres Übel zu verhindern. Trotzdem konnten wir unseren Vorsprung auf Goldblohm auf 3 Sekunden ausbauen.

"Ein Fehler ist erst dann ein Fehler, wenn man ihn ein zweites mal gemacht hat. Alles davor heißt Leben und Lernen!" Warum ich das schreibe? Weil unser zweiter Ritt über die WP "Neuendorf" eine Blaupause des ersten Durchganges war. Selber Abzweig. Gleicher Verbremser. 500 m später. Selbe Stelle. Gleicher Ritt durchs Feld. Aber trotz dieser "wahren" Fehler konnten wir in der Summe unseren Vorsprung auf zuerst 4 und nach "Brück" sogar auf 5 Sekunden weiter vergrößern.

Aber Ausruhen und Verwalten gab es nicht. Auch nicht in der Servicezone, in der eigenständig Reifen gewechselt und das Auto für die WPs in der Dunkelheit angepasst werden durften. Doch der kleine französische Floh wollte auf einmal nicht mehr anspringen. Nicht einmal durch das freundliche Anschieben des Wittenberger Teams Fräßdorf/Eißner. Ich war gedanklich schon auf dem Weg die Bordkarte abzugeben, da hörte ich auf einmal hinter mir, wie der Motor wieder aufheulte. Eine Sicherung hatte sich gelöst und Dark's unermüdliche Fehlersuche wurde mit unserer Weiterfahrt belohnt. Aufgeben gibt es scheinbar nicht bei ihm.

Unsere erste gemeinsame WP im Dunkeln, war trotzdem nicht das Gelbe vom Ei. Dark hatte daran die geringste Schuld, es war vielmehr mein Timing, dass nicht wirklich passte. Ich hatte keinen richtigen Fluss und war oft zu früh mit meinen Ansagen – insbesondere, weil ich die schnellen Kurven nicht mehr sah und auch nicht mehr spürte. Konsequenterweise "betet" man dann lieber schneller als zu langsam. Aber auch das verunsichert einen Fahrer. Ich war unzufrieden mit mir selbst.

Unser Kampf mit dem Team Goldblohm/Sommer löste sich in technischen Problemen an ihrem Golf auf. Doch auf einmal stellten Bernd Knüpfer und Daniel Herzig im Opel Astra GSI Ansprüche auf den Thron der Frontkratzer, zogen nach 7 WPs an uns vorbei und hatten vor dem Finale einen Vorsprung von 3,8 Sekunden. Auf den letzten 10 km mussten wir also noch einmal alles geben. Diesmal mit besserem Timing meinerseits, um Dark attackieren lassen zu können...

Wir mussten lange auf das endgültige Ergebnis warten. Erst als wir schon im Ziel in Beelitz waren, wussten wir, dass sich unser Kampfgeist gelohnt hat. Eine nicht ganz perfekte Rallye fand ihr perfektes Ende. Mit knapp 3 Sekunden Vorsprung wurden wir das beste Team mit Frontantrieb, gewannen unsere Klasse und konnten uns über einer feinen 5. Gesamtrang freuen.

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Ein großes Dankeschön geht an die Jungs von
Makrocarshamm Motorsport für die kurzfristige Vorbereitung des Citroëns und dem freundlichen Peugeot Autohaus Herrmann und Langer für die spontane Unterstützung. Es war ein schweres aber tolles Heimspiel.

Das Beste kommt zum Schluss

Das Finale der diesjährigen Citroën Racing Trophy fand am letzten Wochenende im Rahmen der Rallye Baden Württemberg (kurz "Im Ländle") statt. Das heißt für mich war es auch der vorerst letzte Einsatz in diesem Jahr neben Tina Wiegand. Wir wollten noch einmal alles geben und meiner fiesen Erkältung mit Spaß und Freude entgegenwirken. Rallye ist nämlich - neben Luft und Liebe - noch immer die beste Medizin.

Obwohl ich vor 3 Jahren diese Rallye das letzte Mal gefahren bin, konnte ich mich noch während der Besichtigung an einige markante Ecken und Schlüsselstellen recht gut erinnern, so dass wir einen schönen und runden Aufschrieb erstellen konnten. Vor allem für die drei Wertungsprüfungen (WPs) im Dunkeln am Freitagabend schienen wir bestens gerüstet zu sein. In Kombination mit den konstant trockenen Bedingungen war dies eine gesunde Basis, die Tina Selbstvertrauen gab und auch ein bisschen angriffslustig machte.

Einen 18 Kilometer langen Nachtrundkurs galt es zuerst zu bewältigen. Rundkurse haben das blöde Manko, dass schnellere Teams, die eigentlich vor einem starten, von hinten auflaufen können. Durch die Festbeleuchtung an der Front der Rallyefahrzeuge merkt man nicht nur in den Rückspiegeln, wenn das "Unheil" von hinten naht, sondern es wird zusätzlich taghell im Auto. Die Nervosität, eine passende Stelle zum Vorbeilassen zu finden, an der beide Teams den geringsten Zeitverlust in Kauf nehmen, steigt dann proportional mit der Helligkeit im Auto. In unserem speziellen Fall mussten wir dem Team Knacker/Holzer an einer der schnellsten Abschnitte der WP den Vortritt lassen. Gut für sie. Schlecht für uns, denn das Abbremsen kostete uns wertvolle Zeit und Tina's Konzentration.

Danach ging es auf den kurzen und engen Stadtrundkurs in der Nähe des Rallyezentrums in Heidenheim. Ich machte mir keine Sorgen, denn WPs mit dieser Charakteristik liegen Tina. Mit der viertbesten Zeit in unserer Klasse konnte sie erstmals einige gute Jungs aus der Citroën Trophy hinter sich lassen, ein kleines Ausrufezeichen setzen und sich Lob von den Fahrerkollegen abholen.

Für den abschließenden zweiten Durchlauf über den langen Rundkurses hofften wir auf niemanden, der von hinten drängte. Und dem war auch so. Frei von jeglicher Ablenkung konnten wir uns im Vergleich zum ersten Durchgang um 33 Sekunden verbessern und zufrieden mit unserer Leistung in die wohlverdiente Nachtpause gehen.

Der folgende Samstagmorgen zeigte sich von seiner herbstlichen Seite. Nebelig, kühl - aber trocken. Wir lagen auf dem 5. Platz der Trophy Wertung und wollten uns weiter verbessern. Und dies sah so aus: Alle fahrerischen Abläufe mussten flüssiger und früher Kommen, um den Citroën DS3 R1 auf Schwung zu halten. Früher einlenken, früher und aggressiver aufs Gas und konsequenter den gewählten Gang dem Kurvenradius anpassen. Vor allem beim Abbremsen von schnellen 5er auf mittelschnelle 3er/4er Kurven. Tina konnte so konstanter und auch schneller fahren. Auch wenn es sich manchmal langsamer anfühlte, lieferte die Uhr am Ende den Gegenbeweis.

Auf der Nachmittagsrunde wurde es dann noch einmal kurz stressig. Auf der Verbindungsetappe zur zehnten WP verspürte Tina plötzlich Vibrationen im Lenkrad, die ich nach einem Kilometer auch in meiner Fußstütze spürte. Unsere Mechaniker hatten beim letzten Service beide Vorderräder nicht richtig festgezogen. Zum Glück hat Tina es noch rechtzeitig gemerkt. Nicht auszudenken, wenn sich diese im vollen Tempo selbstständig gemacht hätten...

Einen weiteren "Aha-Moment" hatten wir sieben Kurven vor dem Ende der letzten WP. Tina war richtig gut im Fluss. Doch nach einem spitzen Rechtsabzweig rutschten wir seitlich in dessen Außengraben und hingen über eine Minute in Selbigem fest. Und zwar so ungünstig, dass wir halb auf der Kippe stehend mit dem Unterboden aufsaßen. Nur nicht bewegen. Ruhe bewahren und auf Hilfe warten. Die kam in Form der Streckenposten, die uns aus dieser misslichen Lage mit Schieben und Schwung wieder befreien konnten. Auf unsere Platzierung hatte dieses Malheur jedoch keine Auswirkung. Wir waren nur froh, dass dies nicht das Ende bedeutete.

Alles in allem kann ich sagen, dass die Rallye "Im Ländle" eine top organisierte Veranstaltung war, an der wir sichtlich Spaß hatten. Mit dem 5. Platz am Ende konnten wir gut leben und einen schönen Ausschied aus der Citroën Racing Trophy feiern, die wir auf dem gleichen Rang beendeten. Tina hat damit auch die inoffizielle Damenwertung innerhalb der Trophy gewonnen. Chapeau, Madame.

inCOgnito

Stephan Dammaschke, den Namen kannte ich eigentlich schon relativ lange. Mein erster persönlicher Kontakt zu ihm geht allerdings erst auf das letzte Jahr und die Lausitz Rallye zurück. Dort schenkte er Veit König und mir gleich einmal "unerklärliche" 30 Sekunden auf der ersten Wertungsprüfung (WP) ein. Das zweite Mal trafen wir uns am Anfang diesen Jahres auf einer ADMV Jahressiegerehrung in Burgstädt bei Chemnitz, wo wir Zeit fanden uns etwas näher zu unterhalten. Das Zusammenspiel von Fahrer und Beifahrer, der enge Konkurrenzkampf mit anderen Teams und der Zusammenhalt in der Szene, dass sind die Dinge, die ihm im Rallyesport am wichtigsten sind – vornehmlich auf Schotter und mit scheinbar unterlegenem Material. Eine klassische "Underdog" Einstellung, die mir gefiel und in Erinnerung blieb.

Da seine Stammbeifahrerin, Julia Siegel, beruflich verhindert war und dringend Ersatz für sich an Stephan's Seite für die Rallye Zwickauer Land suchte, interessierte mich vor allem, inwiefern seine Einstellung der Wirklichkeit entsprach und sagte deshalb kurzerhand zu. Was ich bis dato jedoch nicht wusste war, dass Stephan's System Kurven zu notieren invers zu dem war, was ich in den gesamten letzten 11 Jahre vorgelesen habe. Das heißt, dass er die Kurvenwinkel, dem "Uhrenprinzip" folgend, von 1 bis 5 einstuft. Dabei ist 1 eine schnelle und 5 eine langsame Kurve. Mir wurde dieser Hinweis jedoch noch rechtzeitig mitgeteilt (am Abend vor der Rallye), so dass ich lediglich eine halb schlaflose Nacht hatte, in der ich mich im Umdenken schulte und von Uhren träumte.

Unser Einsatzauto war der familieneigene Ford Escort RS 2000. Ein ehemaliges Rundstreckenauto, dass konsequent auf die Bedürfnisse des Rallyesports angepasst wurde und mit dem Stephan dieses Jahr bereits tolle Ergebnisse im Schottercup einfahren konnte. Ein Untergrund, auf dem die reine Leistung des Fahrzeugs noch immer nicht ganz so entscheidend ist. Vielmehr braucht man Mut und Können. Eine Hand am Lenkrad und eine am Handbremshebel, um im kritischen Fall dem zickigen Fahrzeugverhalten Einhalt zu gebieten – das ist genau Stephan's Ding.

Während der Besichtigung konnte ich ihm noch ein paar Tips geben, wie und wo er seinen Aufschrieb verbessern konnte, denn die drei verschiedenen WPs hatten es durchaus in sich. Man kann sagen, es war wieder mal eine Rallye vom alten Schlag. Mischbeläge und Schotterabschnitte wechselten sich munter ab. Die einzige WP mit 100% Festbelag war der abschließende Rundkurs in der Nähe des Rallyezentrums. Doch der Reihe nach.

Vor dem Start der ersten WP fing es leicht zu regnen an und ich fragte Stephan, ob ihm das was ausmache. Seine kurze Antwort, dass man es ja eh nicht ändern könne, war genau das, was ich hören wollte. Unsere Kommunikation war von Beginn tadellos. Trotzdem setzte Stephan beim Anbremsen eines T-Abzweiges etwas zu spät den Anker. Er rettete die Situation zwar noch mit dem Handbremshebel, allerdings ging es danach frontal kurz ins Feld. An der Graskante zurück auf die Straße rissen wir uns einen Teil der vorderen Stoßstange ab und verloren 4 Sekunden auf die Klassenbestzeit des Teams Horlbeck/Lenk im Ford Fiesta. Ironie am Rande, denn dies ist Stephan's ehemaliges Einsatzfahrzeug.

Nach der 6. Gesamtzeit auf WP 3 durch das Kieswerk, konnten wir unseren Rückstand auf Horlbeck/Lenk in einen 1,5 Sekunden Vorsprung ummünzen. Nachlassen wollten wir allerdings nicht. Eher noch einen draufpacken. Was dann auf der vierten WP folgte, war Rallyefahren der allerfeinsten Sorte. Der Ritt auf Messers Schneide inklusive Kurzausritt ins Feld bescherte uns die 4. Gesamt- und klare Klassenbestzeit. Stephan meinte danach zu mir, dass dies die WP seines Lebens war. Da passte einfach alles.

Unsere Konkurrenz in der Klasse hatte dem nichts mehr entgegenzusetzen oder entledigte sich ihrer selbst. Wir wollten aber unbedingt den überraschenden 5. Platz in der Gesamtwertung halten und bestes Fahrzeug mit einer angetriebenen Achse bleiben. Dafür allerdings den Klassensieg zu riskieren, kam nicht in Frage. Wir mussten daher taktisch auf eine gesunde Mischung aus Angriff und Verteidigung umstellen. Vor dem letzten Rundkurs hatten wir noch einen Vorsprung von 5,3 Sekunden auf den drehmomentstarken Diesel-Scirocco des Teams Schmidt/Luther.

Wie erwartet waren wir auf reinem Asphalt der Konkurrenz jedoch technisch unterlegen und hatten von daher keine Chance irgend etwas gegen deren Vormarsch zu unternehmen. Unsere Klasse gewannen wir trotzdem souverän und Stephan konnte (und kann) richtig stolz auf seine Leistung und den 7. Gesamtrang sein. Das war einfach spitze.

Darkentino Rossi #46

Jeder, der auch nur ein bisschen Faszination für Motorsport in seinem Leben entwickelt hat, kennt den Namen Valentino Rossi. Und ich wage jetzt einfach mal zu behaupten, dass jeder Einzelne von ihnen auch seine Startnummer kennt. Als treuer Fan des 9-maligen Motorradweltmeisters war es mir von daher eine innere Freude, als die Veranstalter der diesjährigen Wedemark Rallye nach dem Nennungseingang die berühmte Startnummer #46 an uns vergab. Das Einzige, was ich noch brauchte war ein Fahrer, der annähernd so "verrückt" ist wie der Italiener. Glücklicherweise kenne ich da einen: Dark Liebehenschel.

Bis in die Fingerspitzen motiviert, wollten wir bei der Doppel-veranstaltung bestes frontangetriebenes Fahrzeug werden. Dass dies ein schwieriges Unterfangen werden würde, war uns Beiden völlig klar, denn unsere Hauptgegner in dieser inoffiziellen Wertung waren keine geringeren als die amtierenden Schottercup Sieger Mark Muschiol und Kerstin Munkwitz, die im leichteren und drehmomentstärkeren Renault Clio schon im letzten Jahr der Veranstaltung ihren Stempel aufgedrückt haben. Dass man sie allerdings trotzdem schlagen kann, haben wir bei der Wittenberg Rallye Anfang des Jahres schon gezeigt.

Das Organisationsteam der Wedemark Rallye rund um Bernd Depping hat sich auch dieses Jahr wieder viel Mühe gegeben, um nicht nur die Zuschauer, sondern auch die Fahrer bei Laune zu halten. Wasserdurchfahrten, Sprungkuppen, Stoppelfelder – alles war da. Die Rallye bestand zudem aus zwei Veranstaltungen mit jeweils vier Wertungsprüfungen (WPs) auf abwechslungsreichen Schotter-abschnitten in den Kiesgruben rund um Mellendorf und Feldwirtschaftswegen beziehungsweise langen Asphaltgeraden, die diese miteinander verbanden.

Am Anfang des ersten Laufes galt es einen Rundkurs zu bewältigen. Nicht wirklich anspruchsvoll, wenn da nicht dieser Linksabzweig in eine Schotterpassage gewesen wäre. Nach den ersten 40 Teilnehmern bildete sich nämlich im Kurveninneren ein so tiefes Loch, dass einen Stein zu Tage brachte, der es ohne Probleme mit den Findlingen in den Geoparks der Lausitz aufnehmen konnte. Dark sah das Ungetüm zwar noch, aber in dem Moment gab es auch schon einen kräftigen Schlag aufs linke Vorder- und Hinterrad. Kurze Zeit später meinte er aufgeregt zu mir, dass wir vorne einen Platten haben. Vorsichtig fuhren wir die übrigen eineinhalb Runden des Rundkurses zu Ende und wechselten nach dem Ziel den kaputten Vorderreifen.

Eigentlich sind nach einem Reifenschaden bei einer kleinen Rallye alle Messen gesungen. Wir lagen auf dem 18. Platz der Gesamtwertung. Aber wie heißt es so schön: "Wenn die Erwartungen schwinden, steigt der Spaß!" Und den hatten wir. Allerdings erst so richtig während der letzten WP. Dark und ich waren jetzt warm und es passte einfach alles. Nicht nur zu meiner, sondern auch zur Freude der zahlreichen Zuschauer, die wieder einmal sehen konnten, wie gut der Mann auf Schotter ist. Mit einer Zeit, die 6 Sekunden schneller war als die von Muschiol, konnten wir uns am Ende wieder auf den 6. Gesamtplatz vorarbeiten und sogar noch die Kategorie für verbesserte Fahrzeuge mit Frontantrieb gewinnen.

Am Nachmittag, während des zweiten Laufes des Tages, wollten wir dann Rache nehmen. Dark war noch immer angefressen, aber angriffslustig und wollte den Reifenschaden vom Mittag vergessen machen. Doch diesmal spielte uns die Technik einen Streich. Die elektronische Drosselklappe streikte auf einmal beim Willen den Motor in wohlklingende Sphären zu hieven und begrenzte die Umdrehungen pro Minute auf nur noch sechseinhalbtausend. Da der Motor des Citroën C2R2 aber sein höchstes Drehmoment eigentlich erst ab dieser Umdrehungszahl entfaltet, wurde er ziemlich zeitig zur stumpfen Waffe. Das sollte Dark jedoch nicht daran hindern weniger Gas zu geben. Um den Leistungsverlust auszugleichen, musste er nun etwas runder und weniger aggressiv fahren. Wir konnten zwar nicht mehr schneller als Mark Muschiol fahren, verloren aber überraschend wenig Zeit auf seine Bestmarken. Am Ende konnten wir uns über einen tollen 4. Gesamtplatz freuen und wiederholten den Sieg vom Mittag in unserer Kategorie.

Einmal Platz 4 und einmal Platz 6. Und das mit der Startnummer 46. Das ruft sicherlich ein paar Verschwörungstheoretiker aus ihren Kämmerlein hervor... Wir waren unter den gegebenen Umständen trotzdem richtig zufrieden und melden hiermit schon einmal die Startnummer 11 für das nächste Jahr an.

Weizer Tango

Ich weiß nicht mehr, wie lange es her ist, aber ich glaube mein letzter Start bei einer Rallye in Österreich geht auf das Jahr 2009 zurück. Schon damals war ich fasziniert von den anspruchsvollen Strecken, die nicht nur den Fahrern sondern auch den Copiloten alles abverlangen. Und nach den Erfahrungen, die ich dort machte, war ich immer der Meinung: Um das Rallyefahren richtig zu lernen und zu erfahren (vorausgesetzt man ist kein ausgesprochenes Naturtalent), muss man nach Österreich gehen...

Umso schöner, dass die Mentoren der Citroën Racing Trophy den einmaligen Auslandsstart in unser Nachbarland, in die beschauliche Steiermark auf die Rallye Weiz, legten. Mir fiel es von daher auch leicht auf die zeitgleich stattfindende Wartburg Rallye in Eisenach zu verzichten, die eigentlich immer mein jährliches Highlight ist...

Chauffieren ließ ich mich wieder einmal von Tina Wiegand. Wir wollten durch eine saubere und zügige Fahrt unsere Position in der Trophy Gesamtwertung festigen und auf keinen Fall ausfallen. Wenn es an der Grundschnelligkeit fehlt, dann wirken Ausfälle doppelt schwer. Von der unnötigen extra Belastung der Kriegskasse ganz abgesehen. Ich hielt es aber auch für wichtig, dass Tina den nächsten Schritt auf meiner Leiter des Vertrauens macht. Dafür war diese Rallye mit ihren unzähligen Kurven und den drei Wertungsprüfungen (WPs) in der Nacht eigentlich wie gemacht.

Los ging es bei hochsommerlichen Temperaturen um die 35 °C am Freitag Abend mit dem Rundkurs in Anger und dem einzigen echten Schotterabschnitt der gesamten Veranstaltung. Ein loses Heck auf losem Untergrund ist für den gemeinen Rallyefahrer eigentlich der Himmel auf Erden. Für Tina ist es jedoch die Hölle. Sobald das Wort Schotter in der Gegensprechanlage fällt, verkrampfen ihre Hände am Lenkrad, halten es im Halbgas fest und zögern beim Schalten in den nächst höheren Gang. Das Problem in Weiz war, dass alle anderen WPs zwar 100% Asphaltanteil hatten, durch die ausgefahrenen "cuts" der vorausfahrenden Teilnehmer jedoch zu einer 50 prozentigen Schotterrallye mit unkalkulierbaren Ausgang mutierte.

Tina hatte kein Vertrauen in die Reifen und dem Auto und trotz tollem Aufschrieb auch nicht in meine Ansagen. Das ärgerte mich, der vom Ehrgeiz Getriebene, bis aufs Blut. Ich war sauer, dass die ganze Aufbauarbeit, die wir im letzten halben Jahr geleistet haben scheinbar verpuffte und - jedenfalls aus meiner Sicht - vielleicht auch umsonst war. Die Stimmung zwischen uns war angespannt. Tina hatte keine Lust sich immer wieder von mir runterputzen zu lassen und ich war irgendwie mit meinem Latein am Ende.

Ich hatte das Gefühl, dass wir am Samstag zur Halbzeit der Veranstaltung ein klärendes Gespräch brauchten, indem wir unseren Standpunkt klar machten, einen Strich unter die Sache zogen, um wenigstens noch etwas Spaß zu haben. "Henry, nimm Dich zurück!" war von nun an die selbstbetitelte Prämisse, die in großen Lettern von nun an in meinem Kopf herumschwirrte.

Wie gefährlich und respekteinflößend die Strecken in der Steiermark wirklich waren, erlebten wir dann am Nachmittag auf indirekte Weise selbst. Vor dem Rundkurs in Naas erfuhren wir von dem WP-Leiter, dass ein Fahrzeug aus der Citroën Trophy im Wald auf dem Dach liegen würde. Beiden Insassen ginge es aber gut. Nach einer kurzen Pause wurde wieder gestartet und auch wir auf die Reise geschickt. Wir fuhren 2 Kilometer, dann war Panik. Streckenposten und Zuschauer standen auf der Strecke und zwangen uns anzuhalten. Ein weiterer Citroën war, an der selben Stelle wie zuvor, viel zu schnell auf den rolligen Split gekommen und legte sich vehement ins Unterholz ab. Da wir das erste Fahrzeug an der Unfallstelle waren, galt es schnell zu Handeln. Erste Hilfe musste her, weil die Beifahrerin auf der Straße zusammengebrochen war. Während Tina sich um die Fahrer kümmerte, koordinierte ich am Telefon die Rettung der Verunglückten. Die WP wurde daraufhin abgebrochen.

Nach unserem klärenden Gespräch und dem eben beschriebenen Vorfall lief es für uns überraschenderweise wieder besser. Die hohen Temperaturen von bis zu 60 °C im Auto machten uns beiden nicht viel aus. Topfit konnte Tina sich am Nachmittag im Kurvenlabyrinth am "Koglhof" wieder steigern und fand auch einen viel besseren Rhythmus. Länger am Gas bleiben, später Bremsen, früher Einlenken und Beschleunigen, Schwung mitnehmen und, und, und... all das, was so wichtig bei dieser speziellen Streckencharakteristik ist, konnte sie nun besser umsetzen.

Am Ende kamen wir ohne ein einziges technisches Problem mit dem Citroën DS3 R1 auf dem 6. Platz der Trophy ins Ziel. In der Gesamtwertung fielen wir dadurch zwar auf den 5. Platz zurück, haben aber noch immer sehr gute Chancen auf den dritten Platz in der Endwertung. Hoffen wir das Beste für die nächste Veranstaltung an der Ostsee.

Hitzeschlacht

Man möge es mir verzeihen, aber bei Temperaturen von knapp 40 °C setzt auch bei mir der Kopf aus und konzentriert alle Kräfte auf die Regulierung meiner Körpertemperatur. Aus diesem Grund reduziert sich der Bericht von meinem Kurzurlaub am letzten Wochenende nach Osterode am Harz auf ein Kurzprotokoll. Ach ja, Rallye wurde natürlich auch gefahren.

  • Donnerstag Nachmittag
Anfahrt: Zug
Wetter: 34 °C, warm
Tätigkeiten: Dokumentenabhnahme, Freibad Osterode, Pizza

  • Freitag Morgen
Wetter: 28 °C, Gewitter, schwül warm
Tätigkeiten: Aufschrieb erstellen, Toilette (von der Pizza?)
Eindruck: Aufschrieb passt, Magengrummeln (von der Pizza?)

  • Freitag Nachmittag
Wetter: 33 °C, schwül warm
Tätigkeiten: Rallyefahren
Eindruck: Gedanklich noch im Freibad

  • Samstag Morgen
Wetter: 32 °C, heiss
Tätigkeiten: Rallyefahren, Attacke, Trinken
Eindruck: Aufholjagd geglückt

  • Samstag Mittag
Wetter: 36 °C, heisser
Tätigkeiten: Rallyefahren, Komplettausfall Bremse, Trinken
Eindruck: Aufholjagd umsonst

  • Samstag Nachmittag
Wetter: 38 °C, am heissesten
Tätigkeiten: Rallyefahren, wieder mit Bremse, Kämpfen, Trinken
Eindruck: Geschafft und fertig im Ziel
Ergebnis: Platz 2 in der ADMV Rallyemeisterschaft übernommen

  • Samstag Abend
Wetter: 33 °C, warm
Tätigkeiten: Sightseeing, Chillen, Drinks
Eindruck: Happy

  • Sonntag Morgen
Abfahrt: Zug
Wetter: 32° C, warm
Tätigkeiten: Musik hören, Schlafen (beides klimatisiert)

Die Sache mit dem Bordbuch

Bis zum nächsten Lauf in der Citroën Trophy mit Tina Wiegand sind es noch gut 6 Wochen. Um nicht aus der Übung zu kommen, müssen wir irgendwie das Sommerloch überbrücken. Am Besten macht man dies bekanntlich mit...? – Genau, mit Rallyefahren. Und so bot es sich für mich an, nach 11 Jahren wieder einmal Weida und die Osterburg zu besuchen. Dazu muss man sagen, dass es bei dieser Rallye zwar auch ums Rasen in bunten Autos geht, aber vielmehr zählt noch das Zusammensein unter Freunden (keine Sorge: Details zu "WP7" bleiben intern).

Wie bei jeder anderen Rallye auch, muss man am Vorabend die sogenannte "Dokumentenabnahme" über sich ergehen lassen. Dort wird alles geprüft was Papier und Stempel hat – vom Fahrzeugschein und Führerschein bis Versicherungsunterlagen und Lizenzen. Wenn alles korrekt ist, erhält man anschließend als Belohnung die Unterlagen für die Rallye. Diese beinhalten neben den Startnummern, die zwei wichtigsten Dinge für den Beifahrer: "Ihre Heiligkeit" die Bordkarten, in denen alle Zeiten und Stempelkontrollen notiert werden und "Ihre Majestät" das Bordbuch, das die verbindliche Rallyestrecke vorgibt. Meine erste Amtshandlung ist es immer die Bordkarten auf Vollständigkeit zu prüfen und die Seiten des Bordbuchs durchzuzählen. Nichts ist schlimmer, als wenn man während der Rallye feststellen muss, dass eine oder mehrere Seiten fehlen. Diesmal war, wie eigentlich sonst auch, alles korrekt.

Am nächsten Morgen machten Tina und ich uns schon sehr zeitig auf den Weg, um die Wertungsprüfungen (WPs) abzufahren und unseren Aufschrieb zu erstellen. Wir fuhren nach dem Bordbuch, das ich am Vorabend erhalten habe. Ich wunderte mich kurz, dass eine Umleitung in der Stadt nicht angegeben war, dachte aber, dass es dafür vom Veranstalter noch eine Bordbuchänderung geben würde. Kein Drama. Wir fuhren zur ersten WP. Die Startlinie war auf den Asphalt gezeichnet und Tina erzählte mir danach etwas über den Kurvenverlauf, den ich wie gewohnt bis zur Ziellinie (ebenfalls auf den Asphalt gezeichnet) in mein Gebetbuch notierte. Nach der Kontrollfahrt war alles gut. Wir fuhren weiter nach unserem Bordbuch zur zweiten WP. Dort verwirrte mich die Tatsache, dass das Ziel auf einmal viel früher erschien, als es die Absperrungen und Streckenpostenmarkierungen vermuten ließen. Ich regte mich darüber auf, dass das Bordbuch vorne und hinten nicht passt und nahm mir vor, dies bei unserer Rückkehr ins Rallyezentrum mit der Rallyeleitung zu klären, denn komischerweise schien alles andere darin in Ordnung zu sein.

Auf dem Weg zur Rallyeleitung fiel es mir dann wie Schuppen von den Augen, als ich auf das Deckblatt des Bordbuches schaute. Ich erhielt bei der Dokumentenabnahme die Ausgabe aus dem letzten Jahr – sprich 2014. Ich ging zur Rallyeleitung und bat freundlichst um eine aktuelle Version. Allerdings waren mir bis vor dem eigentlichen Start der Rallye die Auswirkungen des Austausches noch nicht bewusst. 10 Minuten vor unserer Startzeit, unterhielt ich mich noch kurz mit einem Fahrerkollegen. Das Gespräch ging ungefähr so:

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Ich: "Fahrt ihr die Wellen auf dem bröckeligen Asphaltstück auf WP1 voll!"
Kollege:
"Was für Wellen? Ich mache mir eher Gedanken um den Plattenweg!"
Ich:
"Was für Platten?"

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Erst da dämmerte mir, dass die WP1 aus dem letzten Jahr und trotz Start/Ziel Markierung dieses Jahr gar nicht gefahren wird. Na prima! Und was nun? Erst einmal Ruhe bewahren...

Wir machten ein Foto vom Aufschrieb des hinter uns startenden Teams Schorsch/Blechschmidt, den ich auf dem Weg zum offiziellen Start "notdürftig" an unsere Notation anpasste. Das wechselhafte Regenwetter sorgte für zusätzliche Anspannung und so fuhren Tina und ich mit fremden Aufschrieb, fast nur auf Sicht und mehr schlecht als recht über die für uns komplett unbekannte Strecke.

Glücklicherweise hatten wir die zwei anderen WPs richtig notiert. Der Regen hörte auf. Die Strecken noch immer feucht. Tina's Defizit unter rutschigen Bedingungen machte sich auch hier wieder bemerkbar. Leider kann ich ihr als Beifahrer da nicht wirklich weiterhelfen. Das sind Dinge, die sie selbst "Erfahren" muss. Das weiß sie aber auch selbst und ärgert sich im Ziel entsprechend, wenn sie selbst in übersichtlichen und relativ unproblematischen Abschnitten kein Vertrauen in sich und das Auto entwickeln konnte. Als es jedoch trockener wurde, hatte sie mehr Spaß am Fahren. Sie fuhr dann entspannter als sonst und tastete sich auch immer mehr ans Limit von Bremse und Reifen heran. Das spiegelte sich auch in unseren Zeiten wieder.

Kurze Aufregung gab es noch einmal am Ende der Rallye. Die Tankanzeige des Citroëns leuchtete schon seit geraumer Zeit und wir waren uns nicht sicher ob der Kraftstoff bis ins Ziel reichen würde. Lachend sahen wir mich schon das Auto den Berg hoch ins Park Ferme schieben. Aber Tina fuhr effizient und energiesparend die Rallye mit dem letzten Tropfen Benzin zu Ende.

Das wir nicht um den Sieg in der Klasse mitkämpfen konnten, war unter den gegeben Umständen eigentlich von Anfang an klar. Wir wurden am Ende dritte unserer Klasse und gewannen zu unserer eigenen Überraschung unseren ersten gemeinsamen kleinen Pokal. Eigentlich hasse ich diese platzraubenden Staubfänger, aber über diesen habe ich mich richtig gefreut.

p.s. An dieser Stelle möchte ich an alle Beifahrer da draußen appellieren:
Es ist Eure Pflicht alle Unterlagen auf Richtigkeit zu überprüfen. Das beinhaltet ab jetzt auch das Datum des Bordbuches...

Die Zeit lügt nicht

Im Rallyesport werden Rückstände intern gerne in Sekunden pro Wertungsprüfungskilometer (sek/km) ausgerechnet. - "Warum man das macht?" - Nun, es scheint den Fahrern eine bessere Vorstellung zu geben, was ihnen auf die Spitze noch fehlt, denn 1 km lässt sich besser veranschaulichen als 10,2 oder gar 25,6 km. Das ist im Profibereich genau das Gleiche wie bei den "Amateuren". Hinzu kommt, wenn man das gleiche Auto mit der gleichen Technik fährt (wie im Falle der Citroen Racing Trophy), dann ist dies ein guter Vergleich für die fahrerische Qualität und ein adäquates Mittel dem Fahrer/Fahrerin zu zeigen, wie hart er/sie noch an sich selbst arbeiten muss, um aus eigener Kraft einmal vorne mitmischen zu können.

Am Anfang der Saison betrug Tina Wiegands Rückstand auf die Spitze im Durchschnitt noch 4,4 sek/km. Nach dem zweiten Lauf in Sulingen waren es "nur" noch 3,5. Das ist zwar immer noch relativ viel, zeigt aber trotzdem, wie sich unsere Zusammenarbeit bereits auszuzahlen scheint. Daran wollten wir am letzten Wochenende bei der "AvD Sachsen Rallye" in Zwickau ansetzen und unseren Rückstand weiter reduzieren. Völlige Konzentration nur auf uns und die Zeiten.

Der Freitagabend war mit zwei Durchgängen auf dem Zuschauerrundkurs "Glück auf Brücke" für mich relativ entspannt. Außer 4 Kreuze für jede absolvierte Runde zu machen, gab es kaum etwas zu tun. Aufregend war es trotzdem, denn nach unserem ersten Umlauf des ersten Durchganges, ließ der offizielle Starter unglücklicherweise das Team Schneider/Weyand direkt vor uns auf die Strecke. An der ersten Spitzkehre waren wir bereits am Heck des reinen Damenteams, fanden aber bis zum Ende keinen Weg vorbei und verloren dementsprechend Zeit. Tina war richtig sauer.

Während des zweiten Durchganges im Dunkeln hatten wir zwar freie Fahrt, aber Tina fuhr nicht aggressiv genug und so reihten wir uns mit 2 Sekunden Rückstand hinter dem Team Schneider/Weyand auf dem 8. Platz der Trophy ein. Dies bedeutete, dass wir am Samstag direkt hinter ihnen starten würden.

Nach dem Regen am nächsten Morgen ging das muntere Reifenpokern für die anspruchsvollen und schnellen WPs im Zwickauer- und Vogtland los. Für die WP "Hirschfeld" wählten wir rundum die weiche Mischung mit Trockenprofil, denn rechtzeitig zum Start hörte es auf zu regnen. Nur die Straßen waren noch feucht. Komplett richtige Entscheidung. Tina fuhr einen sauberen Strich bis uns nach dem bekannten Plattenstück von einem Streckenposten aufgeregt die gelbe Flagge gezeigt wurde: "Achtung - Gefahr!" Wir reduzierten die Geschwindigkeit und warteten gespannt auf die Dinge, die sich nach der nächsten schnellen Kurve uns offenbarten. Nach einem Abflug stand der Citroen DS3 von Schneider/Weyand komplett quer auf der Straße. Wir mussten anhalten und wurden von der ausgestiegenen Besatzung am havarierten Fahrzeug durchs Gras vorbeigeleitet. Durch die Aktion verloren wir schätzungsweise 10 Sekunden.

Dass auch ich sauer werden kann, zeigte sich im Ziel der folgenden ultraschnellen WP "Weißensand". Wir fuhren eine gute Zeit, aber Tina ging unerklärlicherweise und grundlos schon vor dem Ziel vom Gas. Für mich ein absolutes "No-Go". Mein Griff ging daraufhin ganz schnell zur Gegensprechanlage und schaltete sie einfach aus. Ich hatte keine Lust auf Ausreden. Auf der Verbindungsetappe zum ersten Service konnte ich aber schon wieder Witze machen. Die gute Stimmung musste ja schließlich erhalten bleiben.

Der Rest der Rallye ist kurz erzählt. Wir fuhren auf einen sicheren 6. Platz liegend unseren Stiefel zu Ende. Nach hinten hatten wir über zwei Minuten Luft und hofften insgeheim noch auf einen Ausfall vor uns. Und obwohl sich unser Wunsch nicht bewahrheitete, steigerte sich Tina immer weiter und konnte ihren Rückstand zum Ende auf unter 3 sek/km reduzieren. Ob auf der kurzen knackigen WP "Fraureuth" oder dem über 25 km langen Kanten "Crinitzberg". Gefährliche Momente gab es dabei aus meiner Sicht nicht. Das zeigt aber auch wieviel Potential noch da ist. Die Zielvorgabe hat sie zwar erreicht, aber die Jungs vor uns sind alle keine Nasenbohrer und realistisch betrachtet, ist es für uns immer noch ein weiter Weg aus dem Niemandsland zum Allerwertesten der Trophyspitze. Wir dürfen nur nicht aufgeben... – #keeponfighting.

Aberglaube...

... spielt im Rallyesport eine unerklärliche große Rolle. Wenn man sich im Servicepark einer Rallyeveranstaltung einmal in den Rallyefahrzeugen umschaut, dann findet man sehr viele Hinweise darauf. Zwischen Käfig, Bremsleitungen und Feuerlöschanlagen finden immer wieder kleine Glückbringer, Stofftiere oder lustige Sticker ihren rechtmäßigen Platz, um die Besatzung wieder heil nach Hause zu ihren Lieben zu bringen. Ich habe es zwar nicht so sehr mit Stofftieren, nutze aber zum Beispiel seit 8 Jahren ein und den selben Fallminenbleistift. Ohne den geht es einfach nicht.

Ganz schlimm wird es, wenn alte Dinge durch Neue ersetzt werden müssen und noch keine Erfolgspatina angesetzt haben. Das ist dann immer mit einem komischen Gefühl verbunden und wird möglichst vermieden oder weitestgehend hinausgezögert. Meine feuerfesten Socken haben schon so viele Löcher und werden vor jeder Rallye immer wieder mühevoll gestopft, nur um ja nicht "unerfahrene" zu tragen. Und auch sonst weicht man von seinen gängigen Ritualen nur widerwillig ab. Rituale geben einem die nötige Sicherheit und Entspannung bei der Ausführung seiner Aufgaben, denn nur ein entspannter Beifahrer behält den Überblick und kann auf unvorhersehbare Dinge angemessen reagieren.

Als ich mich am letzten Donnerstag vom Berliner Hauptbahnhof Richtung Thüringen Rallye in Pößneck aufmachte, fand ich unter einer Bank einen Glückscent. Ein gutes Omen für meine Ausfahrt mit Veit König und dem wieder reparierten weißen "Swiftl". Dreimal kurz draufgespuckt, verschwand das gute Stück schnell in meiner Hosentasche.

Wir wollten unbedingt den Klassensieg, um uns für die Mühen der letzten Wochen zu belohnen und auch, um den kleinen psychologischen Knick vom letzten Unfall wieder auszubügeln. Die Rallye Thüringen ist das beste Pflaster dafür, denn auf den extrem schnellen und flüssigen Wertungsprüfungen (WPs) braucht es vor allem Mut, einen Aufschrieb, der nun alle möglichen Bordsteine und Kanten enthielt, und eine gute Stimmung im Team. Die ist bei König Rallyesport eigentlich immer gegeben – quasi das Salz unserer Rallyesuppe.

Fahrerisch war Veit zwar nicht so gut drauf wie bei seiner Heimveranstaltung vor 4 Wochen, er nahm den Swift aber auch nicht ganz so hart ran. Das machte aber alles irgendwie nichts, denn die Zielvorgabe mit Bestzeiten zu glänzen, konnten wir trotzdem erreichen und lagen am Freitag nach 2 WPs bereits mit 20 Sekunden in Führung. Diese konnten wir am Samstagmorgen sogar noch ein bisschen ausbauen, bevor es zum ultraschnellen Rundkursklassiker an der "Bankschenke" ging.

Veit hatte alles unter Kontrolle, nutze jeden Zentimeter der Straße und hatte sichtlich Spaß an der Sache. Während der zweiten Runde liefen wir langsam auf den Opel Adam des Eisenacher Teams Wawrzyniak/Strauch auf. Auf kurzen Geraden konnte ich sehen, wie wir Stück für Stück den Abstand reduzierten, der im Winkel der Kurven aber immer wieder verschwand. Im Kurvenausgang einer schnellen Linkskurve hörte ich es trotz Helm und unserem lautem Motorgeräusch auf einmal hölzern knacken. Ich schaute kurz hoch und sah nur noch wie sich der Opel links von uns senkrecht in den Wald überschlug. Wir waren bereits relativ nah an ihm dran gewesen und hatten Glück, dass er nicht zurück auf die Straße rollte. Ich dachte kurz an den Cent vom Hauptbahnhof...

Die WP wurde daraufhin neutralisiert und alle nach uns startenden Teams bekamen eine Zeit vom Veranstalter notiert, die eine halbe Minute langsamer war als unsere gefahrene. Unser Vorsprung vergrößerte sich dadurch auf über eine Minute und eigentlich konnte uns nur noch eine technisches Problem stoppen. Und das kam.

Wie schon bei der Erzgebirsrallye verrichtete die Kupplung ihre Arbeit nicht mehr wie sie sollte. Das Anfahren wurde von mal zu mal mühsamer und auch die Leistung der Antriebseinheit wurde dadurch stark beeinflusst, weil die Druckplatte der Kupplung den Kontakt zwischen Motor und Getriebe nicht mehr konstant aufrechterhalten konnte. Wir hofften jedoch, dass alles halten würde und fuhren mit dem weidwunden Swift noch eine Bestzeit.

Vor der achten WP gab es eine kleine Unterbrechung im Ablauf der Veranstaltung. Ich stieg aus dem Auto aus und vertrat mir zwischen der Zeitkontrolle und dem Start der WP die Beine. Ich dachte daran, dass schon alles gut gehen würde, denn immerhin hatte ich ja den Glückscent gefunden. Doch was, wenn das Glück des Cents bereits am Morgen auf der "Bankschenke" aufgebraucht worden ist? Just in dem Moment stolperte ich kurz - es war mein rechter Fuß. Der Aberglaube besagt: Stolpern mit rechts bringt schlecht's...

Wir schafften es noch über die WP und zurück in den Service, gaben dort aber endgültig auf, auch um einen Folgeschaden am Motor zu verhindern. Während unsere Mechaniker bereits alles einpackten, Fehleranalyse betrieben und bereits Pläne schmiedeten, wie sie das Problem beheben könnten, saß ich noch da, rauchte eine Zigarette und gab dem verdammten Aberglauben die Schuld.

"Wolke 4"

... ist ein Lied von Philipp Dittberner, dass passenderweise mein letztes Rallyewochenende mit Tina Wiegand in der Citroen Racing Trophy schön zusammenfasst – sinnentfremdet versteht sich. Obwohl man sich derzeit nur sehr schwer der Nummer entziehen kann, war sie mir bis dato völlig unbekannt. Auch Tina schien sie sehr zu mögen, denn sobald die ersten Takte des Liedes im Autoradio ertönten, fand sie schnell den Griff zum Lautstärkeregler.

"Ziemlich gut, wie wir das so gemeistert haben"
(1. Strophe - 1. Zeile)


In jeder Meisterschaft, an der man im Rallyesport teilnimmt, geht es am Ende um das Gleiche: Ins Ziel kommen und fleißig Punkte sammeln. Dies ist bei manchen Rallyes einfacher als bei anderen und direkt davon abhängig wie anspruchsvoll sich die Wertungsprüfungen (WPs) gestalten. Als einfach würde man sicherlich auch die Rallye Sulinger Land am letzten Wochenende bezeichnen, wenn es da nicht dieses sagenumwobene Rallyeparadies auf Erden geben würde.

In dem alten Munitionslager des IVG Geländes zwischen Liebenau und Steyerberg gibt es einen absoluten "Scharfrichter", der jedem Fahrer(in) gehörigen Respekt einflößt und ohne gute Ansagen des Beifahrers nur sehr schwer zu bewältigen ist. Doch das ist es, was dieses seltsame Volk von Rallyeverrückten immer will. Je schwieriger, desto besser. Und nach Sulingen kommt man eigentlich nur wegen des IVG Geländes. Mit fast 60 km im engen Irrgarten von Abzweigen, Mauerschluchten und Hausruinen durfte man sich erstmalig in dreifacher Ausführung und in unterschiedlichen Richtungen austoben.

"Wie wir die großen Tage unter kleinen Dingen begraben"
(1. Strophe - 2. Zeile)


Bei frühlingshaftem Wetter gingen Tina und ich mit der späten Startnummer 97 auf die Reise. Wir versuchten da anzusetzen, wo wir beim ersten Lauf im Saarland aufhörten. Später Bremsen, früher Beschleunigen und generell runder Fahren. Das wichtigste schien mir aber, das Tina gnadenloser und mit mehr Mut auf den Schotterabschnitten reinhalten sollte. Bessere Zeiten ergeben sich dann schon zwangsläufig von alleine und so setzten wir uns nach den ersten vier WPs auf "Wolke 7" fest. Doch obwohl wir eigentlich recht zügig unterwegs waren, stellte sich "Wolke 7" sehr bald als luftleerer Raum heraus. Nach hinten hatten wir bereits einen relativ großen Vorsprung den wir gut kontrollieren konnten. Um aber aus eigener Kraft mit den Jungs im Mittelfeld mitkämpfen zu können fehlt noch ein ganzes Stück. Es sei denn man hat Glück und profitiert von Ausfällen...

"Der Moment der die Wirklichkeit maskiert"
(1. Strophe - 3. Zeile)


Am Nachmittag versuchten wir unsere Zeiten vom ersten Durchgang zu verbessern. Allerdings litten wir unter einer immer stärker nachlassenden Bremse. Aus Budgetgründen kann Tina nicht das bessere Material der Konkurrenz fahren, sondern muss mit dem auskommen, was da ist. Dies erwies sich bei den unzähligen Abzweigen in und um Sulingen als klarer Nachteil. Auch der Motor des Citroen DS3 schaltete das ein oder andere Mal ohne Vorwarnung in das Notprogramm, so dass sich unser Vorhaben als äußerst schwierig erwies. Wir machten aber trotzdem noch das Beste aus der Situation und blieben auf "Wolke 7".

Im Service "gönnten" uns die Jungs von Schmack Motorsport dann runderneuerte Bremsen inklusive den guten Belegen der Konkurrenz. Und von da an lief es viel besser. Tina hatte nun mehr Vertrauen in die Bremspunkte und ich sorgte mit meinen Ansagen dafür, dass sie viel später gesetzt wurden. Hinzu kam, dass Tina sich ihrer Angst vor schnellen Kurven stellte und sich langsam ans Limit von Auto und Reifen kämpfte.

"Es tut nur gut zu wissen, dass das wirklich funktioniert"
(1. Strophe - 4. Zeile)


Der Rallyesport ist erbarmungslos, wenn es um die Technik geht und noch erbarmungsloser, wenn man über das persönliche Limit fährt. Die Plätze 4 bis 6 waren in der Trophy hart umkämpft. So hart, das am Ende niemand übrig blieb. Profiteure dieses Kampfes waren alle Teams die sich dahinter befanden. Und so kletterten Tina und ich unverhofft und ohne Kampf (aber mit Kopf) am Ende eines langen Tages von "Wolke 7" auf "Wolke 4" hinab, da wo es laut Philipp Dettberner eh schöner ist. Fanden wir auch.

"Lass uns die Wolke 4 bitte nie mehr verlassen
Weil wir auf Wolke 7 viel zu viel verpassen"

(Refrain)


In der Gesamtwertung der Citroen Racing Trophy liegen wir nun die nächsten 4 Wochen auf einem tollen 3. Platz. Hoffen wir das dies keine Momentaufnahme ist.

Großer kleiner Mann

Stressiger März! Vierte Woche, dritte Rallye, dritter Fahrer, doch die "Erze" ist Pflicht. Und zwar nicht nur weil sie Veits Heimveranstaltung, sondern auch einfach Kult ist. Wir rollten mit unserem weißen verbesserten Swift in Stollberg an. Unsere Motorenprobleme sollten, nach den vielen Rückschlägen, jetzt endlich der Vergangenheit angehören, denn über den Winter konzentrierten sich unsere Mechaniker darauf den Motor ölgerecht und vor allem standfest zu machen. Ein Test auf dem Sachsenring gab grünes Licht. Der Motor hält. Unter diesen Voraussetzungen musste unser Ziel ganz klar der Divisionssieg sein. Mit einem halben Auge schielten wir aber auch nach einem Top Ten Platz im Gesamtklassement, denn immerhin war es Veits 15. Teilnahme. Dafür müssten wir es aber auch ganz schön krachen lassen, als Team perfekt funktionieren und auch ein bisschen auf Ausfälle vor uns hoffen. Motivation war also da.

Los ging es Freitagabend mit dem Nachtrundkurs zwischen den Häusern in "Oberdorf". Sehr schnell und extrem eng – mit Bäumen die direkt an der Asphaltkante stehen. Leichter Nieselregen im Service, machte die Entscheidung für weiche Intermediate-Reifen relativ einfach. Vom Start weg ließ Veit den Swift fliegen. In der zweiten Runde liefen wir jedoch auf ein tschechisches Skoda Team auf. An ein Vorbeikommen auf den engen Straßen war nicht zu denken. Wir verloren schätzungsweise 5 Sekunden in seinem Windschatten und führten dennoch mit 48 Sekunden die Division an (Gesamtplatz 18).

Am Samstagmorgen ging es dann weiter zum Rundkursklassiker in "Grünhain". Wir nutzen unseren Aufschrieb vom letzten Jahr und waren bereits auf die schmierigen und ausgefahrenen Stellen vorbereitet. Trotzdem hatten wir einen Aha-Moment, als der Swift nach einem "cut" bergab zu tänzeln begann. Doch danach lief alles schön flüssig und wir flogen spektakulär auf Gesamtplatz 17. Auch in "Mildenau" nutzen wir die Erfahrungen aus den letzten Jahren, fuhren sauber und mit viel Schwung und verbesserten uns um eine weitere Position. Dann kam "Gelenau"...

Die Wertungsprüfung (WP) "Gelenau" ist Veits Heimstrecke. Ein Plattenweg, der es in sich hat und eine echte Mut und Fahrerprüfung ist. Sie liegt 10 km von seinem Heimatort entfernt und viele Zschopauer nutzten die kurze Anreise, um uns zu sehen. Und allen wollte er zeigen, wie toll er Autofahren kann. Der Aufschrieb passte perfekt und im Ziel freuten wir uns wie die Schneekönige, weil alles passte. Durch die 11. Gesamtzeit verbesserten wir uns auf Gesamtplatz 15. Five more to go...

Im Service in Annaberg hatten wir nichts zu berichten. Wegen der kalten Temperaturen und dem unberechenbaren Wetter (es schneite!) blieben wir auf den Intermediate-Reifen. Beim zweiten Durchgang in "Mildenau" hatten wir eine kurze Schrecksekunde, da Veit sich kurz verschaltete und den Motor in Drehzahlbereiche trieb, die er noch nie zuvor gesehen hatte. Doch alles blieb ganz. Dann kam wieder "Gelenau".

Wir wollten unbedingt eine Top Ten Zeit fahren und analysierten, wo wir noch etwas länger auf dem Gas stehen und noch etwas später bremsen könnten. Und dann ging er los, der Ritt auf Messers Plattenschneide. Im Ziel wollte ich meinen Augen nicht trauen, als ich auf meine Stoppuhr schaute. Wir waren 10 Sekunden schneller als beim ersten Durchgang und schafften es auf der Hausstrecke endlich in die Top Ten. Im Gesamtklassement verbesserten wir uns auf Platz 14 und profitierten danach von zwei Ausfällen vor uns (Gesamtplatz 12).

Das Wetter verbesserte sich. Die Wolken verzogen sich und wichen der Sonne. Wir wechselten im Service in Stollberg vorne auf weiche Trockenreifen. Veit fing an sich wegen der Kupplung Sorgen zu machen. Beim Anfahren funktionierte sie nicht mehr wie gewohnt, aber leider konnten wir nichts dagegen tun – außer Beten. Das Problem verschlimmerte sich nach dem Start der WP "Wildbach", auf die ich mich besonders freute, weil sie für mich absolut neu war. Veit schaltete ab sofort ohne Kupplung und ließ sich von dem Problem nicht beirren. Es war beeindruckend. Wir waren das viertbeste Fahrzeug mit Frontantrieb, hatten aber 50 PS weniger zur Verfügung als die vor uns liegende "Konkurrenz" (Gesamtplatz 11).

Auf der Verbindungsetappe zur Start-Ziel WP "Oberdorf" kamen wir kaum noch über die Kreuzungen hinweg. Beim Anfahren knarrte und schnarrte es dermaßen zwischen Getriebe und Motor, dass wir kurz überlegten aufzuhören. Nein, wir kämpften weiter. Vom Start der WP ging es sehr zögerlich los, aber wenn der Swift erst einmal ins Rollen kam, knallte Veit nur noch so die Gänge rein, fuhr selbst im Schotter seine saubere Linie weiter und brannte eine weitere 10. Zeit in den Asphalt.

In Jahnsdorf dann das unrühmliche Ende unserer Fahrt in die Top Ten. Die Kupplung hielt zwar, aber die Konzentration war für den Bruchteil einer Sekunde weg. An einem Abzweig hoben wir an der Innenkante zu sehr ab, rutschen am Kurvenausgang gegen den seit Jahren bekannten Außenbordstein und rissen uns das rechte Vorderrad ab. Ein Anfänger- und Aufschriebfehler. Veit stieg aus dem Auto und war fassungslos: "Ich höre mit dem Rallyefahren auf. Ich bring's nicht mehr... ich bring's einfach nicht mehr..." Ich stand derweil weit abseits des Geschehens und glaubte enttäuscht seinen Worten.

Nach dem ersten Frustbier und den aufmunternden Worten unserer Mechaniker, relativierte er jedoch seine Meinung und bat mich, ihm schnellstmöglich die nächsten Rallyetermine zukommen zu lassen.

Was mir Veit König am letzten Wochenende gezeigt hat, ist weit mehr als eine starke Leistung auf der Strecke. Er bewies mir, und ich glaube und hoffe vielen anderen auch, dass der kleine Mann eigentlich ein ganz Großer ist.

Wichura et al. 2015; PNAS

A 17-MY-OLD WHALE CONSTRAINS ONSET OF UPLIFT AND CLIMATE CHANGE IN EAST AFRICA

Henry Wichura, Louis L. Jacobs, Andrew Lin, Michael J. Polcyn, Fredrick K. Manthi, Dale A. Winkler, Manfred R. Strecker, Matthew Clemens


Abstract
Timing and magnitude of surface uplift are key to understanding the impact of crustal deformation and topographic growth on atmospheric circulation, environmental conditions, and surface processes. Uplift of the East African Plateau is linked to mantle processes, but paleoaltimetry data are too scarce to constrain plateau evolution and subsequent vertical motions associated with rifting. Here, we assess the paleotopographic implications of a beaked whale fossil (Ziphiidae) from the Turkana region of Kenya found 740 km inland from the present-day coastline of the Indian Ocean at an elevation of 620 m. The specimen is ~17 My old and represents the oldest derived beaked whale known, consistent with molecular estimates of the emergence of modern straptoothed whales (Mesoplodon). The whale traveled from the Indian Ocean inland along an eastward-directed drainage system controlled by the Cretaceous Anza Graben and was stranded slightly above sea level. Surface uplift from near sea level coincides with paleoclimatic change from a humid environment to highly variable and much drier conditions, which altered biotic communities and drove evolution in east Africa, including that of primates.

Copyright © 2015 National Academy of Science. All rights reserved.

3D rendered movies of the Turkana ziphiid can be seen at
digimorph.

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Wittenberger Waldmeister

"Und ihr fahrt dann mit 160 oder so, wie die Bekloppten durch den Wald, ja...? – Warum macht man das eigentlich?", muss ich mir nicht nur des Öfteren von Freunden und Bekannten anhören, sondern ich stelle mir diese Frage in einer ruhigen Minute auch gerne mal selbst. Wenn man lange genug darüber nachdenkt, könnte man sicherlich eine bedeutungsschwangere psychoanalytische Beispielstudie für Adrenalinjunkies anfertigen, aber im Moment des Tuns fällt meine Antwort immer relativ kurz aus: "Weil es geil ist!"

Am Wochenende in Wittenberg stand ich mit dieser Meinung glücklicherweise nicht alleine da. Ich hatte nach einem Jahr wieder einmal das Vergnügen mit Dark Liebehenschel Schotter unter die Räder zu nehmen. Nach unseren tollen Erfahrungen im Citroen C2R2 aus dem letzten Jahr standen uns Zeit und Gesundheit nicht mehr im Weg und alle inneren Stimmen schreiten nach einer Wiederholung. Und da wir in der selben Klasse wie der dreimalige Schottercup Sieger Mark Muschiol fuhren, war auch gleich mal die Motivation geweckt. Vor dem Start hatten wir jedoch noch einige aufregende Minuten zu überstehen...

Die Wertungsprüfungen (WP) fuhren wir vorher mit dem Einsatz-Citroen langsam ab und erstellten in gewohnter Weise unseren Aufschrieb. Doch plötzlich hatten wir beim Korrigieren einer sehr schnellen und langen Waldpassage der zweiten WP keinen Benzindruck mehr. Na prima! Wir kontrollierten die digitale Tankanzeige des Bordcomputers: 44 Liter! Diese 44 Liter zeigte er aber schon seit einem Jahr an und so strandeten wir mitten im Wald mit leerem Tank. Wir konnten jedoch auf unser funktionierendes Rallyenetzwerk in Wittenberg bauen. Patrick Pusch stand einmal mehr kurzerhand zur Stelle und brachte uns frischen Kraftstoff in den nächsten Ort. Bis dahin zerrte uns das Abschleppseil am VW-Bus vom freundlichen Team Ronny Hans und Mathleen Born, bei denen wir uns hiermit recht herzlich bed(t)anken möchten. Den Aufschrieb für die 2 km lange und wichtige Passage konnten wir jedoch vergessen. Dark schien das alles nicht zu beunruhigen und meinte nur zu mir: "Mach Dir keinen Kopf. Nachher geht da eh alles voll!" Er sollte Recht behalten.

Mit Startnummer 39 gingen wir auf die Reise Richtung WP "Apollensdorf Nord". Dark fand nach einem Jahr ohne Fahrpraxis sofort eine ansprechende Pace und attackierte vom Start weg – trotz 12 Kilogramm Winterspeck. Im Ziel der 7 km langen WP musste er jedoch erst einmal kräftig durchschnaufen und beklagte seine feste Unterarmmuskulatur. Der kurze Radstand des Citroens macht das Fahrverhalten besonders auf losem Untergrund extrem nervös. Dem kann man nur durch kräftiges und gekonnt schnelles Gegenlenken entgegenwirken. Das wiederum erfordert eine gewisse Fitness. Wir waren 4 Sekunden langsamer als Muschiol im Renault Clio. Doch das weckte Darks Kampfgeist und so ließ er es auf der folgenden WP umso mehr krachen. Wir waren 5 Sekunden schneller als Muschiol und führten beim Regrouping in Straach mit einer Sekunde. Wir analysierten, dass es an der einen oder anderen Ecke noch ein bisschen schneller gehen könnte. Ein bisschen später bremsen und weniger quer fahren, dann sollte es passen.

Auf der WP 3 hatten wir dann eine sehr brennzliche Situation zu meistern. Der eine Minute vor uns gestartete Lada des Teams Weidner/Petzold fuhr sich im tiefen Sand fest und stand quer auf der Strecke als wir volles Rohr eine Waldgerade herunterkamen. Wir mussten stark abbremsen und die Gefahrenstelle langsam umfahren. Erst nach zwei Kilometern fand Dark wieder in seinen Rhythmus, konnte aber trotzdem seinen Vorsprung auf 4 Sekunden ausbauen, da Muschiol das selbe Schicksal ereilte.

Zum Abschluss zeigte Dark noch einmal, was mit dem französischen Rennfloh auf Schotter möglich ist. Obwohl der Aufschrieb auf der oben erwähnten langen Waldpassage nicht korrekt war und ich ihm die Kurven nicht mehr richtig ansagen konnte, ging er nicht vom Gas. Ich konzentrierte mich derweil auf einen markanten Linksabzweig, um schnellstmöglich wieder in den Aufschrieb zurückzufinden und die folgenden Kurven vorbeten zu können. Es passte alles. Mit der 4. Gesamtzeit fuhren wir zufrieden den Klassensieg nach Hause, waren bestes zweiradangetriebenes Fahrzeug und konnten uns über einen tollen 5. Gesamtrang freuen.

Im Ziel wurde ich gefragt, wie es denn so lief. Freudestrahlend und kopfschüttelnd zugleich, sagte ich immer wieder: "Der ist verrückt der Typ!" Einer der Teilnehmer erwiderte daraufhin: "Ja, das ist er sicher. Aber viel verrückter ist der, der sich vertrauensvoll daneben setzt..."

Mein erstes Mal...

... mit einer Frau. Um es schon einmal vorweg zu nehmen – hierbei geht es nicht um meine ersten sexuellen Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht, sondern vielmehr um die Tatsache, dass ich zum ersten Mal mit einer Frau eine Rallye fuhr. Und zwar am Wochenende des Internationalen Frauentages...

Frauen sind, wie in allen anderen Bereichen des Lebens, auch im Rallyesport auf dem Vormarsch und schon lange keine Exoten mehr. In einer ausgesprochenen Männerdomäne haben sie es jedoch nicht immer leicht, werden häufig von den Herren der Zunft müde belächelt und brauchen mitunter viel Geduld, Selbstvertrauen und Kraft, um sich zu behaupten.

Ich hatte nie ein Problem mit Frauen auf der fahrerischen Seite des Motorsports, denn sie gehörten für mich und mein Umfeld immer dazu. Mein Vater fuhr in den 1980ern einige Jahre mit Monika Petzold erfolgreich in der DDR Meisterschaft und auch meine Mutter war ab und zu bei Slaloms und Geschicklichkeitsfahrten (neudeutsch: Gymkhana) immer schnell und sicher unterwegs.

Tina Wiegand kontaktierte mich Anfang des Jahres und fragte, ob ich mir eine Zusammenarbeit mit ihr vorstellen könnte. Sie wollte jemanden mit Erfahrung an ihrer rechten Seite, jemand der Ruhe ins Rallyeauto bringt, ihre Nervosität in Zaum hält, sie anspornt und ihr, nach ihrem schweren Unfall, wieder Selbstvertrauen gibt. Ich bin in meinem Leben immer mit Männern gefahren, wo ich das alles nicht tun musste. Ich brauchte daher etwas Bedenkzeit.

Nach ein paar Tagen sah ich diese neue Herausforderung als eine motivierende Mission an, bei der ich nichts zu verlieren hatte. Und da es die Konstellation "Wiegand/Wichura" in persona unserer Väter schon einmal gab, hatte es auch noch einen schönen wiederbelebenden Effekt. Warum also nicht. Und so vereinbarten wir vier Veranstaltungen innerhalb der Citroen Racing Trophy gemeinsam zu bestreiten.

Zur ersten großen deutschen Rallyeveranstaltung des Jahres fuhren wir am letzten Wochenende ins frühlingshafte Saarland. Wir mussten allerdings einen kurzen Umweg über Köln nehmen, wo uns die offizielle Eröffnung der Trophy durch die Chefetage von Citroen Deutschland erwartete und 20 brandneue Serien-DS3 an die einzelnen Teilnehmer feierlich für die gesamte Saison übergeben wurden. Zum Einfahren der Fahrzeuge nutzte man anschließend die 200 km Autobahn in Richtung Saarland.

Am Freitagmorgen ging es dann los. Das Abfahren der anspruchsvollen und sehr schmierigen Wertungsprüfungen (WPs) rund um St. Wendel. Die Stimmung zwischen Tina uns mir war super und ich musste auf dem Rückweg in den Servicepark feststellen, dass ich noch nie in meinem Leben einen so entspannten Aufschrieb erstellt habe. Tina war für alle Vorschläge, die ich hatte, offen und so generierten wir gemeinsam eine saubere und runde Basis auf Papier, die ihr Vertrauen geben sollte. Sie ließ sich von nichts beirren oder ablenken, sondern war fokussiert auf die Sache ihr Bestes zu geben und ihre eigene fahrerische Grenze, die sich für mich später eigentlich als reine Mutgrenze herausgestellte, weiter nach oben zu verschieben.

Ab einem gewissen Level, kann ein Beifahrer keine Rallye gewinnen, aber durch einen kleinen Fehler sehr schnell eine verlieren. Wenn man jedoch Aufbauarbeit leistet, dann ist der Einfluss des Beifahrers ein ganz anderer und von viel größerer Bedeutung. Im Falle von Tina Wiegand ging es für mich nicht primär, um das richtige Timing der Ansagen, sondern vielmehr um das Lösen von Kopfblockaden und das Überlisten ihrer Psyche. Obwohl ich selbst noch nie ein Auto auf einer WP bewegt habe, profitierte ich nun auf einmal von den Erinnerungen zahlreicher WP Schlachten, die sagten was definitiv ging und was nicht.

Tina brauchte vor allem Zuspruch in den schnellen Abschnitten, das heisst die Kurven, die wir als "voll" notiert hatten, auch ohne vom Gas zu gehen so zu fahren. Der Mut verliess sie auch wenn das Gripniveau deutlich sank. Ich gab jedoch mein Bestes und versuchte mit Nachdruck und manchmal auch lauter werdend sie zu überzeugen. Ich merkte, wie sehr sie mit sich kämpfte, aber auch immer schneller und besser wurde. Ich hatte das Gefühl, sie empfand es irgendwann nicht mehr als Qual, das alles machen zu müssen. Ob zwei abgefahrene Seitenspiegel oder eine kräftig eingedellte Fahrertür. Das alles war nicht so wichtig und bereitete ihr keine Kopfschmerzen mehr. Tina hatte wieder Spass an der ganzen Sache. Vor allem auf dem langen Rundkurs "Windpark", wo sie selbst mich mit ihrer Freude am Fahren zum lauten Lachen ansteckte.

Ich denke das war das absolut Wichtigste am gesamten Wochenende. Ich hoffe auch für sie. Dass Tina nebenbei noch schnellste Fahrerin der Trophy war und wir einen feinen 5. Platz unter den Citroens nach Hause fuhren, soll nur so nebenbei erwähnt sein.