"Rückzug"
“Es liegt in den Menschen eine tiefe Sehnsucht
nach absoluter Wahrhaftigkeit. Und wo sie diese finden,
da zieht es sie nach einem inneren Gesetz unwiderstehlich hin.“
Friedrich Karl Oehler
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Während des letzten Jahres spürte ich zugegebenermaßen eine immer größere und wachsende Verunsicherung in mir. Geschürt durch die Umstände, dass ich nicht mehr wirklich wusste, was ich glauben kann und was nicht. Als Wissenschaftler glaubt man in erster Linie an Beweise und Fakten, aber im Laufe der Zeit musste ich feststellen, dass ich noch etwas anderes in der Wahrhaftigkeit suchen muss...
Das Problem ist, dass der Wahrhaftigkeit nicht nur die Wahrheit oder Falschheit einer Aussage innewohnt, sondern auch, wie ich mich zu dieser verhalte. Sei es als Mitglied des gesellschaftlichen Lebens, im Beruf oder in der eigenen Familie. Niemand möchte willentlich getäuscht, verunsichert oder belogen werden. Man sollte daher immer offen sein, der anderen Seite zuzuhören, denn mit Sicherheit ist Deine eine andere als meine Wahrheit.
Im Idealfall basiert die eigene Wahrheit auf Wissen. In der Realität sind es wohl eher Informationen. Informationen, die sich in einem Schmelztiegel aus unseren individuellen Erfahrungen, unserer Erziehung und unserem Umfeld vermischen. Den Schmelztiegel bezeichnet man dann als Meinung. Um die eigene Meinung mit vermeintlichem Wissen zu ergänzen, hat der Mensch im Laufe seiner Evolution Wege gefunden, die eigene Wahrheit zu vermitteln und wenn möglich abzugleichen. Aber in der Fähigkeit zu kommunizieren liegt ein großes Problem, denn wir leben in einer Zeit der globalen Überkommunikation, in der es immer schwieriger wird herauszufiltern, was wahr ist und was nicht. Was bleibt sind Verwirrung und offene Fragen, die keine eigene Meinungsbildung mehr zulassen.
Die eigene nur begrenzt zur Verfügung stehende Zeit auf diesem Planeten und vielleicht auch die gesellschaftlichen Zwänge in einer chaotischen Welt, hindern uns daran all die Informationen, die auf uns hereinprasseln zu überprüfen. Genervt ziehen wir uns zurück und bauen auf das persönliche Umfeld, dem man in irgendeiner Art und Weise vertraut. Dort wo uns Zusammenhänge plausibel und verständlich erklärt werden können. Ob das dann der Wahrheit entspricht, ist dann nicht mehr so wichtig, aber es ist wahrhaftig und stimmt einen zumindest etwas zufriedener...
Trotz der Widerentdeckung des Weltschmerzes, kann ich sagen, dass es für mich ein großartiges und wunderbares Jahr war. Mein Dank gebührt, neben meinen langjährigen Lebensrückhalten, diesmal vorrangig den neuen Menschen in meinem Leben, die ich dieses Jahr kennen und schätzen lernen durfte. Es ist verrückt, aber diese hier alle aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen. Wenn Ihr jedoch einmal tief in Euch hineinhorcht und an unsere gemeinsamen Stunden und Erlebnisse zurück denkt, dann wird der Eine oder Andere wissen, dass er in diesem Moment gemeint ist.
Ich wünsche Euch allen ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Wir sehen uns.
Recovery
“Ride with me along on my palomino
looking in grey skies for the yellow
father, mother, sister are trying to fix you
but sorrow is in the marrow“
Gemma Hayes
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Konnte ich die letzten zwei Jahre noch relativ entspannt ausklingen lassen und mir Gedanken über die vergangenen 12 Monate machen, so gestaltete sich dieses Szenario 2014 als etwas schwieriger. Hauptsächlich, weil mir schlichtweg dazu einfach die Zeit und Muße fehlte.
Dieses Jahr stand ganz klar im Zeichen meine neuen Ideen zur Entwicklung des Ostafrikanischen Plateaus publik zu machen. In der Wissenschaft bedeutet dies in erster Linie Artikel zu schreiben, die von Gutachtern bewertet und mit ein bisschen Glück von Fachzeitschriften publiziert werden. Der wissenschaftlichen Gemeinschaft präsentiert man diese dann schließlich auf Konferenzen. Doch auf Konferenzen geht es nicht nur um die eigene Arbeit. Es bietet sich einem vor allem ein Forum, um neue Kontakte zu knüpfen und die bestehenden zu pflegen. Mitunter findet man auch Momente der Inspiration für neue Ideen. Anstelle mir also in der Heimat Gedanken über mein letztes Jahr zu machen, durfte ich dieses Jahr, dank des freundlichen Steuerzahlers, wieder einmal nach San Francisco fahren. Das "Herbsttreffen" der American Geophysical Union (AGU) ist die größte Konferenz für Geowissenschaftler auf der Welt, und jedes Jahr wird die Konferenz größer. 25000 Wissenschaftler fanden diesmal ihren Weg an die Westküste der USA. Ich sehe diese Entwicklung eher kritisch, denn wie effektiv kann eine Konferenz dieser Größe für einen einzelnen Wissenschaftler noch sein...?
Und dennoch wird die AGU 2014 mir wohl mein Leben lang in Erinnerung bleiben. Der Grund dafür lag weniger im wissenschaftlichen Output, sondern vielmehr an meinem eigenen Gesundheitszustand. Eine Blinddarmentzündung raffte mich innerhalb eines halben Tages dahin und bescherte mir meine erste Operation in meinem Leben. Für meine Kollegen und auch für mich war es überraschend, wie schnell sich mein Körper von dem Stress wieder erholte. 11 Stunden nach der OP konnte ich bereits das Krankenhaus verlassen, um eine Stunde später meine Arbeit auf der Konferenz zu präsentieren. Mangelnden Einsatz kann mir der freundliche Steuerzahler zumindest nicht vorwerfen. An dieser stelle gilt mein Dank meinen aufopferungsvollen Kollegen für ihren Einsatz und ihre seelische und moralische Unterstützung vor Ort. Bedanken möchte ich mich auch für die zahlreichen Genesungswünsche, die mich während der letzten Woche erreichten.
Ich wünsche Euch allen ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest im Kreise Eurer Lieben und erholsame Feiertage. Möget Ihr gesund und munter ins neue Jahr rutschen. Wir sehen uns, auch ohne Blinddarm...
Reset 2014?
“I spent my time watching the spaces that have grown between us and
I cut my mind on second best, the scars that come with the greenness.
I gave my eyes to the boredom, still the seabed would not let me in and
I try my best to embrace the darkness in which I swim.”
Ben Howard
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Die besinnliche Vorweihnachtszeit, das ungemütliche Wetter und die kurzen Tage lassen viele Menschen zusammenrücken. Ich hingegen musste endlich mal raus und entwickelte im Laufe des Jahres eine Form des Fernwehs und der Selbstreflexion, wie ich sie seit Jahren nicht mehr verspürte. Wohl auch, um dem letzten Jahr doch noch was Positives zu entlocken, neue Energien zu tanken und vielleicht auch herauszufinden, was ich eigentlich will. Zu wissen, was man nicht will ist dafür schon mal ein guter Ansatz.
Man kann sein Leben noch so gut und planen, aber das bedeutet nicht, dass die Dinge dann auch so passieren. Am Ende kommt man zu dem Schluss, dass man in seinem Handeln doch eigentlich ziemlich beschränkt ist. Man kann vielleicht hier was in die Wege leiten, da was anschieben und dabei möglicherweise das Eine oder Andere beeinflussen - aber das bedeutet gar nichts. Man hat das nicht unter Kontrolle, weil man irgendwie immer auch auf die Entscheidung anderer angewiesen ist. Und deshalb gibt es keine Garantien und nichts ist sicher in dieser Welt. Normalerweise beherrschen wir unser Umfeld, zumindest meistens. Wir können entscheiden, ob wir hier oder dort hingehen, aber irgendwann haben wir uns etabliert und von da an hat unser Umfeld starken Anteil an unserer Persönlichkeit, an unseren Gewohnheiten und an unserer Denkweise. Wir sind soziale Wesen und brauchen die Interaktion mit anderen. Deshalb sind Beziehungen so wichtig, so wesentlich für unser Dasein. Wenn du niemanden hast und nie mit jemanden reden kannst, wird deine ganze Wahrnehmung von der Welt ziemlich verzerrt. Und deshalb sollte man nie aufgeben und weiter kämpfen. Man darf nicht akzeptieren, dass das alles war. Kämpfe für etwas besseres - in jeder Beziehung und dem nächsten Jahr.
Ich möchte mich an dieser Stelle recht herzlich bei meiner Familie, meinen Freunden und Kollegen bedanken, die mich durch dieses schwierige Jahr begleiteten und für mich da waren, wenn es besonders notwendig schien. Ich wünsche Euch ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest im Kreise Eurer Lieben. Möget Ihr alle gesund und munter ins neue Jahr rutschen. Wir sehen uns…
Blick vorrueck
“Unsere Aufgabe im Leben ist es nicht, Erfolg zu haben, sondern unsere Mißerfolge guten Mutes zu ertragen.”
Robert Louis Balfour Stevenson
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Zwischen all den Weihnachtsfeiern, Punschparties und Wichteleien in der Adventszeit findet sich seltsamerweise immer noch etwas Zeit der Eigenbesinnung und -reflexion. Regen, der an der Fensterscheibe des Zuges herunterläuft ist für diese Art Gedanken, der vielleicht beste Katalysator den es gibt. Auch wenn es manchmal selbsterzwungen erscheinen mag, bringt es diesen Blog doch über den Winterschlaf und weckt ihn (und damit auch mich) mal wieder etwas auf. Schaden tut es uns beiden jedenfalls nicht…
Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass es mich froh macht, dieses Jahr endlich hinter mich gebracht zu haben. Es war wohl eines jener Sorte, die man getrost als schwierig bezeichnen kann. Vom sagenumwobenen “Postdoc Loch” wurde ich jedenfalls vollends aufgesogen. Einen Gedanken zu finden, der noch nicht gedacht wurde oder bestehende Ideen weiterzuentwickeln und aufzufrischen. Dies waren und sind die Ansprüche an meine Arbeit und mich selbst und denen bin ich dieses Jahr nicht gerecht geworden. “Das ist ein ganz normaler Prozess”, wird es mir von vielen Seiten suggeriert - ihn zu akzeptieren ist allerdings eine ganz andere Sache. Und doch sehe ich ein Licht am Ende des Tunnels. Die letzten zwei Monate waren in der Summe fruchtbarer als erwartet und auch wenn nur dahingefloskelt, wird nächstes Jahr alles besser.
Dass ich im Rallyesport wieder etwas kleinere Brötchen backen musste, damit hatte ich zu Beginn des Jahres ehrlich gesagt auch nicht gerechnet. Nachdem mein letztjähriges Team eine einjährige Auszeit genommen hatte, um sich komplett auf den Aufbau des neuen Suzukis zu konzentrieren, fiel es mir schwer einen sportlich und menschlich adäquaten Ersatz zu finden. Ich stellte mich innerlich schon darauf ein, eine Saison als “Springer” einzulegen. Glücklicherweise fand ich dann doch noch eine Einsatzmöglichkeit im ADAC Junior Cup. Die erhofften Erfolge blieben allerdings aus. Ich konnte zwar immerhin etwas Rallye fahren aber menschlich enttäuscht, kam ich zu dem Schluss, dass ich mir so etwas, wie dieses Jahr nicht noch einmal antun möchte. Dass diese Gedanken auch bei meinen Planungen für die kommende Saison eine Rolle spielen, liegt dabei auf der Hand und wer weiß… vielleicht gibt es auch ein Leben ohne Rallye. Vorstellen kann ich es mir noch nicht.
Die Weihnachtstage, werde ich wie gewohnt im Kreise meiner Familie und mit meiner Freundin in Berlin verbringen. Danach fahre ich mit Freunden in die französischen Alpen zum Skifahren. Nach drei Jahren Bretterabstinenz habe ich dafür endlich die Zeit gefunden und freue mich schon sehr darauf. Schnee und Berge satt, schwungvolle Abfahrten und exzessive Schneeballschlachten. Allen Daheimgebliebenen, meinen Unterstützern, Kollegen, Freunden und meiner Familie wünsche ich auf diesem Wege ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest. Möget Ihr alle gesund und munter ins neue Jahr rutschen. Ich werde es sicherlich. Wir sehen uns…
Looking back
"Wenn uns bewußt wird, dass die Zeit, die wir uns für einen anderen Menschen nehmen, das Kostbarste ist, was wir schenken können, haben wir den Sinn der Weihnacht verstanden."
Roswitha Bloch
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Die langen Winterabende mögen es wohl unterstützen, dass man sich in manch stiller Minute am Ende eines Jahres dabei erwischt, wie man das vergangene Jahr ein wenig Revue passieren läßt. So auch ich:
Das Jahr 2011 werde ich wohl mein Lebtag nicht vergessen können. Mit dem Abschluss meiner Promotion, erweiterte ich meinen Namen um einen Titel und zwei Buchstaben. Ein lang ersehntes Lebensziel fand somit sein Ende und wurde mit einer wunderschönen Reise mit meiner Freundin nach Australien belohnt. Wie es allerdings wissenschaftlich bei mir weitergeht, dass kann ich im Moment noch nicht genau sagen. Im Sommer entwickelte ich in Kooperation mit dem GeoForschungsZentrum Potsdam, Aufbauten analoger Tektonik-experimente; inwieweit diese Versuche allerdings förderungsfähig sein werden, hängt zum grossen Teil vom Budget der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Qualität des Forschungsantrages ab. Und dieser muss auch erst einmal geschrieben werden. Dies wird neben meinen koordinativen Aufgaben für das GRK1364, eines der großen Vorhaben für das nächste Jahr sein.
Was die sportliche Seite in meinem Leben betrifft, so stand ich zu Beginn des Jahres relativ lange ohne richtiges Programm da. Ein neues motorsportliches Zuhause fand ich schließlich in dem Rallyeteam von Suzuki-KKL und dem Fahrer Veit König. Dank der tollen Stimmung und Expertise im gesamten Team, bauten Veit und ich schnell Vertrauen zueinander auf und setzten dieses zügig in Erfolge um. Mit dem Gewinn der ADMV-Rallye-Meisterschaft, konnten wir im Herbst eine grandiose Saison und meine siebte Meisterschaft feiern.
Mit meinem ersten Sprint-Triathlon, habe ich außerdem nach zehn Jahren wieder Spass und Lust an einer Ausdauersportart gefunden. Fraglos liegt meine Stärke noch immer beim Laufen, aber am meisten Freude habe ich inzwischen am Radfahren. Das Schwimmen hingegen, muss ich weiterhin als „notwendiges Übel“ akzeptieren. Je nachdem wie die Planungen für die neuen Rallyesaison laufen, möchte ich im nächsten Jahr an zwei Sprint- und einer Kurzdistanz Veranstaltung teilnehmen. Dafür müsste ich jetzt allerdings schon die Grundlagen schaffen. Mal schauen: eine neue Rennmaschine steht jedenfalls schon bereit...
Die nächsten Tage werde ich mich mit Freunden in Schweden ein wenig auf Weihnachten einstimmen. Und bevor ich es vergesse, möchte ich diese Zeilen nutzen, um all meinen Unterstützern, Kollegen, Freunden und meiner Familie ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest zu wünschen. Möget Ihr alle gesund und fröhlich ins neue Jahr rutschen. Wir sehen uns...
wtf... (w)eihnachtsmann (t)rifft (f)lugzeug
"Das Jahresende ist kein Ende und kein Anfang, sondern ein weiterleben mit
der Weisheit, die uns die Erfahrung gelehrt hat."
Hal Borland
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In Anbetracht dieser Tatsache, ein kurzes persönliches Jahres-Résumé meinerseits:
2010 war in erster Linie arbeits- und erfolgreich. Drei Publikationen, zwei Konferenzen, die Abgabe meiner Dissertation im Spätsommer und die anschliessende Koordination des Graduiertenkollegs gingen schliesslich auch bei mir nicht ganz spurlos vorbei. Dass ich das alles auch noch mit einer unglaublichen Rallyesaison verbinden konnte, füllt mich mich mit Stolz, ist aber in erster Linie der Unterstützung meines Arbeitgebers, meines Teams und vor allem meiner Freundin zu verdanken. Ohne Sie wäre das alles nicht möglich gewesen... und das kann man eigentlich nicht oft genug würdigen.
Und so werde ich die Feiertage nutzen, um ein wenig Energie zu tanken, Zeit mit meiner Familie zu verbringen und den Winter in meiner verschneiten Berliner Heimat zu geniessen... vielleicht der letzte. Neue Aufgaben und Herausforderungen warten auf mich. Die Verteidigung meiner Dissertation wird dabei wohl die aufregendste von allen sein. Ich freue mich schon sehr darauf, bildet sie doch den endgültigen Abschluss einer vierjährigen intensiven Arbeitsphase.
Nichtsdestotrotz haben sich in dieser Zwischenzeit viele neue Ideen angesammelt. Auch diese möchten weiterentwickelt und schliesslich umgesetzt werden - Science never sleeps! Aber bitte erst wenn ich wieder wach bin...
Ich wünschen all meinen Unterstützern, Kollegen, Freunden und meiner Familie ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest im Kreise Ihrer Lieben und einen guten Rutsch ins Neue Jahr...