triathlon

Olympische Premiere

Gehört habe ich vom Kallinchen-Triahtlon bisher immer nur Gutes. Dass ich den kleinen Ort südlich von Berlin bisher immer nur mit den Rallyes rund um den nahegelegenen Teltow-Fläming-Ring assoziierte, versteht sich von selbst. Doch diesmal wollte ich mich nicht durch die Gegend chauffieren lassen, sondern selbst aktiv werden. Mein letzter Triathlon für dieses Jahr sollte gleichzeitig meine “olympische” Premiere werden. Und damit meine ich nicht die vergangenen Spiele in London, sondern die Distanz: 1.5 km Schwimmen - 39 km Radfahren - 10 km Laufen.

Die Ausschreibung zum Triathlon in Kallinchen gefiel mir ganz besonders gut. Der Veranstalter verbot das Windschattenfahren und stellte die Radwahl frei. Sprich man konnte an den Start bringen, was Technik und Geldbeutel hergaben. Der Feuertaufe meines eigenen Triathlonrades, mit dem ich bisher immer nur trainieren durfte, stand damit nichts mehr im Wege. Ebenso freute ich mich auf den ersten Einsatz meines Neoprenanzuges; sollte er mir doch 5 Minuten beim Schwimmen “schenken”.

Meine gute Laune erhielt allerdings einen kleinen Dämpfer, als mir während der Wettkampfvorbesprechung mitgeteilt wurde, dass der Gebrauch von Neoprenanzügen diesmal verboten sei. Die Wassertemperatur des Motzener Sees lag am Morgen des heißesten Tages des Jahres bereits bei 22 °C und um die Gesundheit der Athleten nicht zu gefährden, sahen sich die Organisatoren zu dieser Maßnahme gezwungen. So sind die Regeln. “Na prima!” dachte ich, “Muss die bleierne Ente halt wieder alles alleine machen.”

Pünktlich um 10:00 Uhr wurden die 270 Teilnehmer zu Wasser gelassen. Einen 750 m langen Dreiecksparkour galt es zweimal zu durchschwimmen. Ich fühlte mich gut und locker, war aber einfach zu langsam. Nach der ersten Runde war ich bereits bis ins Mittelfeld durchgereicht und als in der zweiten Runde die konsequenten Brustschwimmer auch noch an mir vorbeizogen, war meine Moral endgültig am Boden. Testweise wechselte ich von der Freistiltechnik auf das Brustschwimmen und bemerkte, dass auch ich dadurch etwas schneller schwamm und meinen Rückstand halbwegs in Grenzen halten konnte. Nach 35:22 Minuten kam ich mit schweren Armen als 187. aus dem Wasser und wechselte mehr schlecht als recht aufs Rad.

Der Radkurs bestand aus 3 Runden a 13 km rund um den Motzener See. Schnell fand ich meinen Rhythmus und setzte einen Schnitt von 35 km/h an. Meine Beine fühlten sich gut und ich konnte mich zügig durchs Feld vorkämpfen. Zudem hatte die regelmäßige Flüssigkeitszunahme oberste Priorität, um der schnellen Dehydrierung entgegenzuwirken. Am Anfang der zweiten Runde ging mein Griff zum Flaschenhalter jedoch auf einmal ins Leere. Ohne es zu merken, lockerte sich auf einem kurzen Kopfsteinplasterabschnitt meine Trinkflasche aus der Halterung. Nicht die beste Voraussetzung bei Temperaturen von inzwischen über 30 °C. Egal, wird schon schiefgehen. Ich konnte sogar noch etwas mehr Druck machen und hoffte nur die ganze Zeit, dass meine Freundin mein Malheur vom Streckenrand mitbekommen hat und mir irgendwie die Flasche wieder zukommen lässt. Am Ende der zweiten Runde sah ich Sie winkend am Streckenrand. Abbremsen. Flasche nehmen. Weiter. Für einen Dankeskuss war leider keine Zeit, dafür aber jetzt und hier… In der dritten Runde stellte ich mich schon gedanklich auf den abschließenden 10 km Lauf ein. Nach vorne ging zu diesem Zeitpunkt daher nicht mehr allzu viel und so konzentrierte ich mich darauf die Windschattenregeln einzuhalten, um nicht bestraft oder gar disqualifiziert zu werden. Nach 1:09:55 und der 98. Einzelzeit war der Spaß dann allerdings vorbei.

Das Laufen ist mir zwar immer noch verhasst, aber meine beste Einzeldisziplin. Doch als ich mir die Laufschuhe anzog und mich auf den finalen Abschnitt machte, merkte ich es gleich. Ich war platt und müde. Der Kampf mit mir selbst begann. Als sich dann auch noch vor mir ein 200 m langer Anstieg auftat, war es endgültig aus. Ich war nicht mehr in der Lage meine Schrittlänge beziehungsweise Frequenz dem Anstieg anzupassen. Ich konnte nur noch gehen. Bergab und auf gerader Strecke lief es dann wieder besser. Bis ich ein Stechen in meiner rechten Achillessehne verspürte, das meine Wade verkrampfen ließ. Aber auch an diesen Schmerz gewöhnte ich mich mit zunehmender Dauer. Ein Blick auf die Uhr allerdings verriet nichts Gutes. Gnadenlos ging sie auf die 50 Minuten zu, doch zum Ziel war es zum Glück nicht mehr weit. Nach 47:38 Minuten und der 68. Laufzeit endete meine Premiere über die olympische Triathlon Distanz.

Mit dem 93. Gesamtplatz habe ich zwar eines meiner Ziele (Top 100) erreicht, mit einer Gesamtzeit von 2:32:55 Stunden die “magische” Breitensportler Marke von 2:30 Stunden aber knapp verfehlt. Als 16. in meiner Altersklasse (TM30), blieb mir auch der angepeilte Platz unter den Top 15 leider verwehrt. Dafür war die Konkurrenz diesmal einfach zu stark und zahlreich.

Als Erkenntnis bleibt für mich, dass ich in den kommenden Monaten wohl noch einmal mein Seepferdchen nachholen muss und vielleicht auch mal wieder etwas mehr laufen sollte. Das größte Manko ist meine fehlende Kraftausdauer. Daran werde ich auf jeden Fall noch arbeiten müssen. Ich bleibe aber auf jeden Fall am Ball. Im nächsten Jahr geht es weiter.

Die Kampfschwelle

Nachdem ich im letzten Jahr einen Triathlon als Zuschauer besucht und bei meiner Premiere als Teilnehmer endgültig wieder Spass an einer Ausdauersportart gefunden habe, freute ich mich schon seit dem Winter auf den diesjährigen Berliner Sprint Triathlon rund um die Insel der Freundschaft in Treptow. Zum einen weil die gesamte Veranstaltung top organisiert ist, zum anderen weil sie nur 10 Minuten von meinem Zuhause entfernt ist. Mit der Öffnung der Starterliste, liess daher auch meine Nennung nicht lange auf sich warten: 750 m Schwimmen - 20 km Radfahren - 5 km Laufen.

Da meine Arbeit noch immer nur bedingt ein gezieltes Training zulässt, musste ich wieder einmal andere Wege finden, um mich auf die Veranstaltung vorzubereiten. Wie schon im letzten Jahr, wollte ich auf keinen Fall das Laufen trainieren. Also volle Konzentration auf den Ausbau meiner Schwächen. Einmal pro Woche Kacheln zählen in der Schwimmhalle und zwei bis drei Radtouren von der Arbeit in Potsdam zurück nach Hause. Glücklicherweise „leiden“ inzwischen ein paar meiner Kollegen unter einer gleichen Radfahrbegeisterung wie ich, so dass sich daraus eine gut funktionierende Fahrgemeinschaft herausbildete. Alles in allem fühlte ich mich jedenfalls gut vorbereitet, trotz einer leichten Erkältung.

Doch am Sonntagmorgen, dem Tag der Veranstaltung, kamen längst vergessene Gefühle aus meiner Zeit als Leistungssportler wieder auf. Ich stand wie gewohnt auf und aß mein Müsli. Dabei merkte ich, wie ich auf einmal nervös wurde. Irgendwie fehlte mir die Unbekümmertheit und Leichtigkeit, wie ich sie noch bei meinem Premierentriathlon hatte. Ich war eindeutig ambitionierter und gleichzeitig besorgter. War es das Resultat des erhöhten Trainings oder das leichte Ziehen in meinem rechten Oberschenkel, dass sich seit Mittwoch bemerkbar machte? Nein, es war die Angst davor die Schwelle zu überschreiten, wo es anfängt weh zu tun und man beginnt seinen eigenen Erwartungen gerecht zu werden. Doch zuerst galt es eine andere Schwelle zu überschreiten.

Es bedarf schon einiger Überwindung ohne Neoprenanzug in die 16°C kalte Spree zu springen und fast bewegunglos an der Startlinie im kühlen Nass auszuharren und auf den Startschuss zu warten. Nach einer gefühlten Ewigkeit hörte ich von irgendwoher den erlösenden Countdown und dann war es endlich soweit. Knapp 300 „Neoprenkampffische“ wurden auf die Jagd geschickt und ich war Ihr Fressen. Wieviele Schläge ich im Getümmel abbekam und wie oft ich auf einen dieser langsamerem „Neoprenkampffische“ aufschwomm und wieder „Tempo“ herausnehmen musste, konnte ich nicht mehr zählen. Zwischenzeitlich dachte ich nur noch daran, warum ich eigentlich jede Woche Schwimmen war, wenn ich es hier sowieso nicht umsetzen kann? Nach einer Runde um die Insel der Freundschaft und 17:21 Minuten kam ich als 124. aus dem kalten Wasser. Doch die Kälte spürte ich schon lange nicht mehr, denn nun war ich heiss und wollte nur noch aufs Fahrrad. Von jetzt an war ich es, der auf der Jagd war und alle Anderen mein Fressen.

Der Wechsel zum Radfahren klappte problemlos. 4 Runden à 4.4 km galt es zu absolvieren und Windschattenfahren war erlaubt. Im Nu holte ich einen nach dem anderen ein. Meine Beine gingen gut und zogen mich an eine gut funktionierende Gruppe von fünf Athleten heran. Im Zug konnten wir viele weitere Plätze gutmachen. Nach der dritten Runde und einem fast 40er Schnitt wurde ich im Gegenwind etwas Müde. Aber dann hörte ich auf einmal meinen Vater brüllen: „Henry Druck!“ Genau was ich brauchte - eine Kampfansage. Aus dem Sattel raus und noch einmal antreten, um mich immer weiter nach vorne zu kämpfen. Nach 31:13 Minuten und der 25-besten Radzeit wechselte ich als 70. auf die Laufstrecke und zur finalen Attacke.

Von der Insel der Freundschaft ging es 2.5 km durch den Treptower Park, entlang des Spreeufers bis in Sichtweite der Oberbaumbrücke und wieder zurück. Ich fand schnell meinen Rhythmus und spielte meine Stärke im Laufen voll aus. Einen nach dem Anderen konnte ich trotz zunehmend schwerer Beine überholen. Ich war schon lange an dem Punkt angekommen, wo die Schwelle überschritten wurde und man alle schmerzenden Signale des Körpers ignoriert nur um weiter nach vorne zu kommen. An der Wendemarke eine kurzer Blick auf die Stoppuhr. Die Pace stimmte. Jetzt nur nicht nachlassen. Schrittlänge halten, auch wenn es weh tut. In Sichtweite des Ziels sah ich noch zwei Athleten vor mir. Die musste ich noch packen. Schlussspurt. Dem konnten sie nichts entgegen setzten. Ziel. Kurze Freude, doch kein piepen meines Transponders. Bis mich der Kampfrichter darauf aufmerksam machte, waren die Beiden auch schon wieder an mir vorbei. Und so verschenkte ich kurioserweise nach dem Ziel die hart erkämpften zwei Plätze wieder.

Später stellte sich heraus, dass ich durch dieses Fauxpas den Podiumsplatz in der Altersklasse M30 verspielte. Die neuntbeste Zeit im Laufen tröstete mich jedoch darüber schnell hinweg. Am Ende blieben ein guter 4. Platz in meiner Alterklasse, ein 35. Platz in der Gesamtwetung und die Erkenntnis: Die Kampfschwelle zu überwinden ist immer noch das beste Egodoping. Sauber.

Blut geleckt

Noch als aktiver Leistungssportler im Langstreckenlauf, war es mein Wunsch gewesen einmal bei einem Triathlon mitzumachen. Die strengen Trainings- und Saisonplanungen zu dieser Zeit, ließen jedoch ein „Fremdgehen“ nie wirklich zu. Danach konzentrierte ich mich auf mein Studium und hatte erst einmal die Nase voll vom Ausdauersport. Bis es mich am Anfang des Jahres wieder packte. Vorerst nur ein Gedankenspiel, entpuppte sich die Vorstellung, mich gezielt auf einen Triathlon im August vorzubereiten, als willkommene Herausforderung. Die selbstgestellte Bedingung war, es sollte in erster Linie Spass machen. Ohne Zwänge aber doch mit Ehrgeiz.

Ende März begann ich mit dem Schwimmtraining. Anfangs noch in der Schwimmhalle und später, wenn es das Wetter zuließ, auf dem Schlachtensee. Die miesen Sommermonate demotivierten mich jedoch vor der Arbeit ins Wasser zu springen und so vernachlässigte ich wetterbedingt das Schwimmen. Das Radfahrtraining kombinierte ich mit meinen täglichen Heimfahrten von Potsdam nach Berlin und steigerte im Laufe der Zeit die Distanzen und Intensitäten. Das Laufen trainierte ich gar nicht. Ich dachte mit meiner Erfahrung wird das schon irgendwie gehen... ich meine laufen.

Als Premierenveranstaltung wählte ich den Sprint-Triathlon in Wassersuppe bei Rathenow am letzten Wochenende. 500 m Schwimmen - 18 km Radfahren - 5 km Laufen. Ein Volkssporttriathlon, den aber auch diverse Leistungssportler für ihre Ambitionen zweckentfremden. Wie ich finde völlig berechtigt, da es die Veranstaltung insgesamt aufwertet und einen realistischen Vergleich mit der eigenen Leistung zuläßt. Das Vorprozedere ist jedoch immer das gleiche, egal in welcher Ausdauersportart man antritt. Anmelden, Chip holen und vergleichen. Ob im Gespräch, mit „neidvollen“ Blicken oder beim Warmmachen. Was beim Triathlon hinzu kommt, ist die zeitoptimierte Einrichtung seines Platzes in der Wechselzone. Eine Sache die wohlüberlegt sein will, denn nicht umsonst gilt das Wechseln als vierte Disziplin beim Triathlon.

Nach einer Kurzeinweisung der über 120 Teilnehmer zur Streckenführung durch den Organisator, stand ich auch schon am Ufer des Hohennauener Sees. Schwimmbrille nassmachen, nochmal Arme kreisen und dann ging es auch schon los.

Kaum gestartet war ich mir dem größten Problem beim Schwimmen auch schon bewußt. Um sich herum sieht man nur Arme, Beine und aufgewirbeltes Wasser. Im offenen Gewässer dabei die Orientierung zu behalten empfand ich als nahezu unmöglich. Von orangefarbenen Bojen, die man umschwimmen mußte, habe ich jedenfalls nichts gesehen. Und wer dabei denkt sein eigenes Tempo schwimmen zu können, täuscht sich gewaltig. Nicht nur dass man immerzu Arme und Beine um sich herum sieht. Man berührt sie auch gezwungermassen. Und das stört einfach alles, von der Schwimmtechnik bis zum Atemrhythmus. Erst nachdem sich das Feld etwas auseinanderzog, lief es auch bei mir besser.

Torkelnd und mit vernebelten Blick kam ich aus dem Wasser und rannte in die Wechselzone. Nach einer gefühlten Ewigkeit und ein paar Standardflüchen hatte ich endlich mein Shirt und Fahrradschuhe an. Helm auf, Chip umschnallen und ab auf die Radstrecke. Nach 11:40 Minuten auf dem 36. Platz.

Überraschenderweise fand ich beim Radfahren ziemlich schnell meinen Rhythmus. Trotzdem zogen ein Teilnehmer nach dem anderen an mir vorbei. Nach 2 Kilometern sagte ich mir: „Beim Nächsten hängst Du Dich ran!“ Gesagt - getan. Wie sich später herausstellte war es der Sohn des Veranstalters mit dem ich ein gutes Team bilden sollte. Zusammen holten wir eine Gruppe nach der anderen wieder ein und wechselten uns in der Führungsarbeit regelmässig ab. Zu diesem Zeitpunkt orientierten wir uns nur nach vorne und bekamen nicht mit, dass sich alle anderen gemütlich in unserem Windschatten ausruhten. Schließlich nutzte ein Großteil der Gruppe die letzen 3 Kilometer mit Gegenwind und zog einfach davon. Mir blieb nur die Hoffnung sie beim Laufen wieder einzuholen. Nach 29:06 Minuten auf dem Rad (25. Einzelzeit) wechselte ich als 28. auf die Laufstrecke. Meine eigentliche Paradedisziplin.

Zwar konnte ich auf den ersten 1,5 Kilomtern die meißten Radasse wieder einholen, aber ich fühlte mich überhaupt nicht gut. Mein Oberkörper zog sich von Seitenstechen zusammen und auch meine Beine wurden immer schwerer. Da Aufgeben keine zufriedenstellene Alternative war, wollte ich nur noch mein Tempo halten. Nach vorne ging es bis 2 Kilometer vor dem Ziel trotzdem weiter. Als ich aber bemerkte, dass sich der Vorsprung zum nächsten Teilnehmer nicht mehr reduzierte sondern konstant blieb, beließ ich es dabei meine Position zu halten. Es sollte für die 13. Einzelzeit im Laufen und den 21. Platz in der Gesamtwertung reichen.

Mit erhobenen Hauptes und glücklich wartete ich nach 1:01:48 Stunde auf das finale Piepen des Chips auf der Zielmatte und war mit mir und der Welt zufrieden. Und darum ging es ja bei meinem ersten Triathlon... to be continued.